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Speed-Dating der Renditehaie
Auf der »SuperReturn« in Berlin verhandeln internationale Großinvestoren die deutschen Wohnpreise
»For everyone who’s anyone in private capital«. Für jeden, der jemand ist, im privaten Beteiligungskapital. Auf Englisch klingt der Slogan der »SuperReturn« um einiges besser als auf Deutsch. Er prangt auf der Website der Messe, daneben flimmern Bilder des Fernsehturms, von IT-Girl Kim Kardashian und von Aperol schlürfenden Anzugträgern. Darunter die von Superlativen triefende Selbstbeschreibung: die SuperReturn sei die »älteste, internationalste, größte und wichtigste« Konferenz der globalen Finanzinvestoren. Kommende Woche findet sie – zum 15. Mal in Folge – im Berliner Hotel Intercontinental statt. 7404 Euro kostet die Teilnahme, Ehrengast soll Björn Ulvaeus von der Musikgruppe ABBA sein. Auf der SuperReturn kommen jene Milliardäre zusammen, die die deutschen Wohnpreise hinauftreiben, urteilt die Bürgerbewegung Finanzwende.
Stephen Schwarzman ist einer jener regelmäßigen Teilnehmer. Er ist der Vorstand von Blackstone, dem größten kommerziellen Wohnungseigentümer der Welt. In den vergangenen Jahren investierte Blackstone laut eigenen Angaben in Europa vorrangig in Immobilien in Großbritannien, Frankreich und Deutschland. 4907 Wohnungen besitzt die Investmentgesellschaft inzwischen hierzulande, 3986 davon in Berlin. Schwarzman verdient innerhalb von 20 Minuten ein durchschnittliches deutsches Jahreseinkommen. Finanzwende bezeichnet die SuperReturn als ein »Speed-Dating der Renditejäger*innen«. Die Folgen ihrer Ansiedelung: Überhöhte Mietpreise, vernachlässigte Instandhaltung der Häuser und Preisanstiege bei Immobilien.
»Private-Equity-Firmen wie Blackstone sind nicht allein Schuld an der Wohnungskrise in Berlin. Sie haben aber einen erheblichen Anteil daran«, sagt Jorim Gerrard, zuständig für die Themen Immobilien und Finanzstabilität bei Finanzwende, zu »nd«. Bei der »Finanzialisierung«, die von jenen Unternehmen vorangetrieben wird, werden Immobilien als Finanzobjekte betrachtet und zur Befriedigung von Renditeerwartungen von Anleger*innen verwendet. Von 2011 bis 2018 hat sich die Spekulation laut Zahlen der Rosa-Luxemburg-Stiftung in vielen deutschen Städten verdoppelt, in manchen auch verdreifacht. Berechnungen von Finanzwende zu Folge wurde im Spitzenreiter Berlin von 2011 bis 2021 fast jede zehnte Wohnung finanzialisiert.
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Sogenannte »Private Equitys« oder Kapitalbeteiligungsgesellschaften, deren Vetreter*innen sich auf der SuperReturn vernetzen, treiben diesen Trend auf die Spitze. Sie agieren intransparent, setzen verstärkt auf Steuervermeidungsmodelle und unterliegen nicht den gleichen Berichterstattungspflichten wie börsennotierte Unternehmen. Dadurch gestaltet es sich schwierig, Einblick in ihre Geschäftsmodelle zu erhalten. Dabei schafft das investierte Geld nicht einmal, wie ursprünglich erhofft, neuen Wohnraum. Denn ein Anstieg an Immobilien kann sich negativ auf die Preisentwicklung am Wohnmarkt auswirken, wie der Wohnkonzern Vonovia in einem Geschäftsbericht feststellte. Mit Investitionen von Kapitalbeteiligungsgesellschaften steigt dagegen das Risiko einer Immobilienblase – wie jene, die die Finanzkrise 2008 auslöste.
Heimstaden, der zweitgrößte private Vermieter Berlins, besitzt inzwischen rund 30 000 Wohnungen in Deutschland. Die Mieten des Unternehmens sind zum Teil um die Hälfte höher als jene öffentlicher Träger. »Als Mieter*innen fühlen wir uns wie ungewollter Ballast«, erzählt Katja von der Initiative »Stop Heimstaden«. Die Initiative wehrt sich seit 2020 gegen die Zustände in den Heimstaden-Immobilien. Die Häuser würden verfallen, so Katja. Mieter*innen würden häufig und wiederholt ungültige Mieterhöhungen, Mahnungen und falsche Betriebskostenabrechnungen zugestellt. Wiesen sie darauf hin, würden sie ignoriert. Gleichzeitig verfielen die Häuser, doch die Mieter*innen würden müde, Schäden zu melden, weil die Verwaltung von Heimstaden nicht darauf reagiere. »Wir haben das Gefühl, mit einem Algorithmus zu kommunizieren«, beschreibt es Katja. Heimstaden interessiere sich weder für die Mieter*innen noch die Stadtentwicklung. Eine Umfrage des Mieterbunds Nordhrein-Westfalen kam bereits 2016 zum Ergebnis, dass es besonders bei finanzialisierten Vermietern zu häufigen Auseinandersetzungen über Betriebskosten, Erreichbarkeit und fehlende Zugänglichkeit kommt.
Was also tun? Die Gesellschaft sei den Deals von Kapitalbeteiligungsgesellschaften nicht schutzlos ausgeliefert, stellt Jorim Gerrard von Finanzwende fest. »Wenn der politische Wille dafür da ist, lässt sich der Wohnungsmarkt so regulieren, dass er für Private-Equity-Investoren unattraktiv wird.« Auf EU-Ebene könnten beispielsweise die Vorschriften für Finanzinvestoren überarbeitet und diese stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Oder man könnte eine Obergrenze für Renditen-Ausschüttungen einführen.
Der Deutsche Mieterbund fordert einen besseren Mieter*innenschutz und die rasche Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit. Das Fördersystem für den sozialen Wohnungsbau steht im Koalitionspapier der Ampel-Regierung und wurde bereits 2020 als »Frage von Marktwirtschaft und Sozialismus« im Bundestag diskutiert. »Wohnraum ist keine Ware und gehört weder an die Börse, noch darf damit gehandelt werden«, bekräftigt Lukas Siebenkotten, Präsident des Mieterbunds, gegenüber »nd«. Katja von Stop Heimstaden geht noch weiter. Was die Mieter*innen bräuchten seien über die Neue Wohngemeinnützigkeit hinaus ein Mietendeckel, Vergesellschaftung und die Enteignung der großen Wohnkonzerne.
Was sie dagegen nicht wollten, seien Vernetzungsveranstaltungen wie die SuperReturn in Berlin. Dort verstärkt sich kommende Woche wieder die Privatjetdichte, wenn sich, wie die Messe es anpreist, »alle, die etwas wert sind« im Luxushotel versammeln.
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