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Offener Brief für PKK-Gründer Abdullah Öcalan
Zahlreiche Persönlichkeiten fordern Aufklärung über die Situation des in der Türkei inhaftierten politischen Gefangenen
Seit mehr als 25 Jahren befindet sich der kurdische Politiker Abdullah Öcalan in türkischer Haft. Der Gründer der Arbeiterpartei Kurdistans galt der Türkischen Republik lange Zeit als »Staatsfeind Nr. 1« und wurde am 15. Februar 1999 bei einer Geheimdienstoperation aus der griechischen Botschaft in der kenianischen Hauptstadt Nairobi entführt und in türkische Haft überstellt. Seitdem die 1999 verhängte Todesstrafe gegen ihn im Jahr 2002 in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt worden ist, befindet sich Öcalan in einer immer wieder durchbrochenen Isolationshaft auf der Gefängnisinsel İmralı im Marmarameer.
Öcalan gilt einem großen Teil der kurdischen Bevölkerung in der Türkei, aber auch in Syrien, dem Irak und dem Iran als politischer Repräsentant und steht symbolisch für den kurdischen Kampf um Selbstbestimmung und Demokratie. In der Vergangenheit trat er vor allem als Verhandlungsführer der kurdischen Seite in Friedensgesprächen zwischen der PKK und der türkischen Regierung auf und gilt als Schlüsselfigur zur Lösung der kurdischen Frage und einer friedlichen Beilegung der Konflikte.
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Seit 2011 unterbindet die türkische Regierung einen regelmäßigen direkten Kontakt der Anwälte Öcalans zu ihrem Mandanten; lediglich 2019 gab es einzelne Treffen. Während des Friedensprozesses zwischen 2013 und 2015 war es Abgeordneten der pro-kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) gestattet worden, das Sondergefängnis im Meer vor Istanbul zu besuchen, um als Vermittler indirekte Gespräche zwischen der PKK-Führung in den nordirakischen Kandilbergen und der Regierung in Ankara zu ermöglichen.
Seitdem die türkische Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Sommer 2015 den Waffenstillstand mit der PKK einseitig aufkündigte, befindet sich Abdullah Öcalan in Isolationshaft. Dass es kein einziges Lebenszeichen des Gefangenen gibt seit einem kurzen und aus unbekannten Gründen abgebrochenen Telefonat mit seinem Bruder Mehmet Öcalan am 25. März 2021, ist vor allem in der kurdischen Bewegung Anlass zu großer Sorge.
In einem offenen Brief haben sich nun 93 Personen (Stand vom Sonntag) des öffentlichen Lebens und der Politik an das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) gewandt und fordern dringlich eine Klärung der Lage des politischen Gefangenen Abdullah Öcalan. Die Unterzeichnenden bewerten die »menschenrechtswidrigen und unmenschlichen« Haftbedingungen Öcalans als »Isolationsfolter« und weisen darauf hin, dass »Herr Öcalan […] Bürger eines Mitgliedstaates des Europarates« ist und ihm »seit drei Jahren das Recht verwehrt« werde, »seine Anwälte zu treffen und mit seiner Familie zu kommunizieren«.
Als Institution des Europarates habe das CPT »das Recht sowie die Verantwortung, sämtliche Haftanstalten der Vertragsstaaten der Konvention (gem. ist die Satzung des Europarates) zu besuchen, also auch die der Türkei«, so der Wortlaut des offenen Briefes. Die Unterzeichner fordern das CPT dazu auf, tätig zu werden und eine Delegation zur Untersuchung der Situation Öcalans nach İmralı zu entsenden und sich über »sein Wohlergehen zu informieren«. Erst im April, anlässlich der Veröffentlichung des Jahresberichtes 2023, erklärte das CPT bei einer Pressekonferenz in Straßburg, dass tatsächlich im Jahr 2022 ein Besuch auf der Gefängnisinsel stattgefunden habe, jedoch könne der Bericht aufgrund der Arbeitsprinzipien des Komitees nicht ohne Einwilligung der Türkei veröffentlicht werden.
»Diese Form der Isolationshaft von Herrn Öcalan ist Folter und stellt somit eine eindeutige Menschenrechtsverletzung dar«, erklärte Prof. Dr. Gerhard Trabert. Der Arzt und Europawahl-Spitzenkandidat der Partei Die Linke ist einer der Unterzeichner des Appells. Trabert erklärte, dass auch »der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Haftbedingungen als einen Verstoß gegen das Verbot von Folter und Misshandlung deklariert« habe und forderte ein sofortiges Ende der menschenrechtsverletzenden Haftbedingungen.
Auch Gökay Akbulut, Mitglied des Vorstandes der Linken im Bundestag, stellte fest, dass »Abdullah Öcalan […] auch nach über 25 Jahren Gefangenschaft ein wichtiger Repräsentant der kurdischen Freiheitsbewegung sei, der als Akteur für Friedensverhandlungen mit der türkischen Regierung« anerkannt werde. »Ich bin gegen jede Form der Gewalt und fordere mit Nachdruck die Freilassung aller politischen Gefangenen in der Türkei und die Schaffung eines politischen Klimas, in dem ein Friedensprozess für die kurdische Frage wieder in Gang gebracht werden kann«, sagte Akbulut gegenüber »nd«.
Der offene Brief aus Deutschland reiht sich ein in die im vergangenen Oktober begonnene Kampagne »Freiheit für Öcalan – eine politische Lösung für die kurdische Frage« und schließt an mehrere Appelle aus europäischen Ländern an. Jüngst wandten sich über 60 verschiedene Organisationen sowie Einzelpersonen aus Spanien an das CPT; auch Verbände und politische Akteure der italienischen Linken forderten die Verantwortlichen zum Handeln auf.
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