Oxfam: Gleichheit, aber nicht für Beschäftigte?

Gewerkschaft Verdi kritisiert unfaire Lohnverteilung bei Hilfsorganisation

Oxfam setzt sich weltweit für Gerechtigkeit ein, soll aber die Tarifverhandlungen im eigenen Hause untergraben haben.
Oxfam setzt sich weltweit für Gerechtigkeit ein, soll aber die Tarifverhandlungen im eigenen Hause untergraben haben.

Obwohl Helge Biering um eine diplomatische Tonlage bemüht ist, sein Frust über die Tarifverhandlungen bei der Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam in Deutschland ist deutlich zu hören. »Das Verhalten des Arbeitgebers ist schwierig«, sagt der Verdi-Gewerkschaftssekretär im Gespräch mit »nd«. Er ist für die seit einem halben Jahr laufenden Tarifverhandlungen zuständig. Die Gewerkschaft fordert Lohnerhöhungen für die Beschäftigten und Auszubildenden sowie eine transparente Entgelttabelle. Bislang verdient mehr, wer besser verhandelt, kritisiert Verdi die aktuelle Gehaltsstruktur.

Doch nun sind die Tarifverhandlungen vorerst unterbrochen. Zwar hatten sich beide Seiten bereits im Mai auf eine gemeinsame Entgelttabelle und bessere Ausbildungsvergütungen geeinigt. Doch bei den letzten Gesprächen wartete die Arbeitgeberseite überraschend mit einem neuen Vorschlag auf, wie die Gewerkschaft kritisiert: Höhere Gehälter und Zulagen, die ausschließlich Führungskräften zugutekommen sollten. Damit sei der bereits erzielte Kompromiss untergraben worden. »Zum Erfolg von Oxfam tragen alle bei, nicht nur Team- und Bereichsleiter*innen«, kritisierte Biering von Verdi das Vorgehen der Arbeitgeberseite. »Wir haben kein Problem damit, die Tabelle zu erhöhen. Aber dann auch für alle.« Ein entsprechendes Gegenangebot von Verdi lehnte Oxfam ab.

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Dabei wurden die Gehälter in den vergangenen Jahren bereits ungleich erhöht. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die »nd« vorliegen, sind die Vorstandsgehälter in den letzten Jahren mit einem zweistelligen Plus stark angestiegen. Bei den unteren Lohngruppen hat die Inflation rund ein Viertel der letzten Gehaltsanpassung aufgezehrt, die bereits vor zehn Jahren vorgenommen wurde.

»Dass der Vorstand erneut versucht, eine weitere Spreizung zwischen den unteren und oberen Gehaltsgruppen zu erzwingen, lässt bei uns Zweifel aufkommen, ob Vorstand und Aufsichtsräte Oxfams Kampf gegen Ungleichheit in der Welt auch innerhalb der eigenen Organisation verwirklicht sehen wollen«, kritisierte auch Nicolai Pfaff, Mitglied der Tarifkommission, das Vorgehen der Arbeitgeberseite.

Diese teilte auf nd-Anfrage mit, dass das Ziel der Verhandlungen »ein faires, wettbewerbsfähiges und den Ansprüchen unserer Organisation entsprechendes Gehaltsmodell« ist. Dabei sollen den eigenen Mitarbeitenden »gute Arbeitsbedingungen und eine transparente und angemessene Bezahlung« geboten werden. Allerdings müsse Oxfam »neben der Forderung nach höheren Gehältern auch dem Spendenzweck, nämlich der Unterstützung von Menschen in großer Not« gerecht werden. »Dieses Kriterium liegt der gesamten Tarifverhandlung zugrunde und bezieht sich auf alle Entgeltgruppen.«

Die Arbeit von Oxfam Deutschland wird überwiegend durch Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln und Spenden bestritten. Die Einnahmen beliefen sich im Jahr 2023 laut eigenen Angaben auf insgesamt 46,8 Millionen Euro. Über die Hälfte der Summe fließt in Hilfs- und Entwicklungsprojekte.

Dass die Verhandlungen unterbrochen wurden, begründet die Oxfam-Geschäftsführung damit, dass erst im Juni offenbar geworden sei, dass das zuvor geklärte Budget überschritten werde. »Deshalb brauchte der Vorstand ein offizielles erneuertes Mandat der Aufsichtsräte.«

Trotz der scharfen Kritik seitens der Gewerkschaft zeigt sich die Geschäftsführung für den weiteren Verlauf der Verhandlungen optimistisch. »Wir sind auf einem guten Weg und überzeugt, gemeinsam bald eine gute Lösung zu finden«, teilt eine Sprecherin von Oxfam gegenüber »nd« mit. Die Verhandlungen seien aus Sicht der Organisation bislang konstruktiv verlaufen.

Auch Biering von Verdi ist noch zuversichtlich, eine Einigung erzielen zu können. »Unsere Erwartung ist, dass der Arbeitgeber die Kolleginnen und Kollegen nicht länger auf die Umsetzung des neuen Systems warten lässt«, betont er. Derzeit beraten die Gewerkschaftsmitglieder über Aktionen, darunter auch Warnstreiks.

Oxfam beschäftigt in Deutschland etwa 190 Festangestellte. Die Personalkosten für 2024 beziffert die Organisation auf etwa sechs Millionen Euro. Anfragen an Mitglieder des Aufsichtsrates blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Aktualisiert am 20. Juni 2024

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