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Stark-Watzinger vorm Bildungsausschuss: Viel Rede, wenig Antwort

Bei der Fördergeld-Affäre im Bildungsministerium bleiben wichtige Fragen ungeklärt: Im Bundestag verweigert die Ministerin erneut, sie zu beantworten

Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesministerin für Bildung und Forschung, muss sich vor dem Bildungsausschuss zur Fördermittelaffaire in ihrem Ministerium erklären.
Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesministerin für Bildung und Forschung, muss sich vor dem Bildungsausschuss zur Fördermittelaffaire in ihrem Ministerium erklären.

Für Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ist auch zwei Wochen nach Bekanntwerden der Fördermittelaffäre aus ihrem Forschungsministerium (BMBF) kein Aufatmen in Sicht. Am Mittwoch musste Stark-Watzinger zuerst vor dem Bildungsauschuss und dann vor dem Bundestag Rede und Antwort zu den BMBF-Enthüllungen stellen – und verweigerte erneut, zu den vielen offenen Fragen um die Vörgänge hinreichend Auskunft zu geben.

Hintergrund ist ein offener Brief von Hochschullehrenden, die sich am 8. Mai hinter pro-palästinensische Proteste an Universitäten gestellt hatten. Am 11. Juni machte dann ein Bericht des NDR-Magazins »Panorama« publik, dass innerhalb des Ministeriums eine Prüfung eines möglichen Fördermittelentzugs für die Unterzeichnenden des Briefes veranlasst wurde. Tausende Wissenschaftler forderten daraufhin den Rücktritt der Ministerin.

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Stark-Watzinger reagierte am 16. Juni, indem sie die Verantwortung für die Prüfung ihrer Forschungsstaatssekretärin Sabine Döring zuwies und deren Entlassung ankündigte. Die Ministerin betonte vor dem Ausschuss, dass ihr die Prüfung erst am 11. Juni infolge des NDR-Berichts »zur Kenntnis gekommen« sei. »Panorama« berichtete jedoch weiter, dass innerhalb des Bildungsministeriums auch eine Liste mit Unterzeichnenden des offenen Briefs, die direkt vom Ministerium gefördert werden, erstellt worden sei.

Vor dem Bildungsausschuss schilderte Stark-Watzinger, es habe drei verschiedene Vorgänge gegeben. Erstens: Staatssekretärin Döring habe am 13. Mai die Fachebene des Ministeriums telefonisch mit »einer juristischen Prüfung« des Briefes beauftragt. Dies habe »als rechtliche und förderrechtliche Prüfung verstanden werden können«. Eine Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen sei von Döring nicht beabsichtigt gewesen und nicht weiterverfolgt worden. Weil aber dadurch dennoch unter Wissenschaftlern der Eindruck enstanden sei, es habe eine förderrechtliche Prüfung stattgefunden, habe Stark-Watzinger beschlossen, ihre Staatssekretärin in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Wie »Panorama« vorliegende Mails belegen, hat die Leitung des Ministeriums intern schriftlich um »eine förderrechtliche Bewertung, inwieweit von Seiten des BMBF ggf. Förderrechtliche Konsequenzen (Widerruf der Förderung etc.) möglich sind«, gebeten.

Zweitens: Stark-Watzinger selbst habe eine »rechtliche Einordnung« des offenen Briefes »für notwendig« gehalten und diese am 17. Mai beauftragt. Diese ergab demnach, dass der Brief der Lehrenden »eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt« war. Sie sehe die Inhalte des Dokuments »dennoch weiterhin kritisch«, so die FDP-Politikerin. Die Bildungsministerin hatte zuvor gegenüber »Bild« suggeriert, die Aussagen des offenen Briefes stünden nicht »auf dem Boden des Grundgesetzes«. Bislang hat sich Stark-Watzinger entgegen entsprecherder Forderungen von betroffenen Wissenschaftlern weder für die Aussage entschuldigt noch von ihrem Statement klar distanziert.

Drittens: Auf der Fachebene sei eine Liste mit den Wissenschaftlern erstellt worden, die den offenen Brief unterzeichnet haben und mit dem BMBF in Verbindung stehen. Von dieser willl Stark-Watzinger erst nach entsprechenden Medienberichten erfahren haben. Die Liste sei zusammengestellt worden, um »sprechfähig« gegenüber der Presse zu sein – aber »nicht von mir beauftragt«.

Wer den Auftrag gab, wollte Stark-Watzinger den Abgeordneten auch auf mehrmalige Nachfragen nicht sagen. Warum die Liste in Vorbereitung auf etwaige Presseanfragen erstellt worden sein soll und dann nie an das Pressereferat weitergeleitet wurde, blieb ebenfalls unbeantwortet. Wie es sein könne, dass Mitarbeiter in ihrem Ministerium eine Unterzeichnerliste erstellt haben, ohne dass Stark-Watzinger etwas mitbekommen hat? »Die Übersicht ist nicht aus der Fachebene weitergegenem worden«, wiederholt die Ministerin noch einmal ihre Eingangserklärung, »von dieser Liste habe ich erst am 11. Juni erfahren«.

»Was muss noch passieren, dass Sie zurücktreten«, fragte der BSW-Abgeordnete Ali Al-Dailami die Ministerin am Ende der Ausschusssitzung zum zweiten Mal, weil sie die Frage zunächst nicht beantwortet hatte. »Dazu sehe ich keine Veranlassung«, bekräftigte Stark-Watzinger.

»Die entscheidende Frage, wer denn diese Prüfung beauftragt hat, ist offen geblieben«, kritisiert Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der Union, gegenüber »nd«. Stark-Watzinger habe auf mehrfache Nachfrage nur erklärt, wer die Prüfung nicht beauftragt hat, aber nicht, wer sie beauftragt hat, so der CDU-Politiker weiter. Mit der Anhörung habe Stark-Watzinger mehr Fragen aufgeworfen, statt den Fall aufzuklären. »Wir brachen jetzt genau diese Antworten«, forderte Jarzombek weiter.

Auch Linke-Abgeordnete Nicole Gohlke sagte dem »nd«, es sei im Kern keine Frage richtig beantwortet worden. »Die Ministerin bewegt sich wirklich auf dünnem Eis. Ihre Position ist durch den Auftritt im Ausschuss nicht gerade stärker geworden«, so Gohlke. Könne Stark-Watzinger nicht belegen, dass eine andere Person als sie selbst den Prüfauftrag zur Erstellung der Unterzeichnerliste erteilt hat, »dann halte ich es für sehr schwierig machbar, dass sie im Amt bleibt«.

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