Bundeswehr soll Nachholbedarf zu Drohnen stillen

Generalinspekteur macht Lehren aus dem Ukraine-Krieg bekannt

Ein mobiler ukrainischer Drohnen-Abwehrtrupp trainiert den Abschuss russischer Drohnen. Auch die Bundeswehr soll jetzt aus dem Ukraine-Krieg lernen.
Ein mobiler ukrainischer Drohnen-Abwehrtrupp trainiert den Abschuss russischer Drohnen. Auch die Bundeswehr soll jetzt aus dem Ukraine-Krieg lernen.

Im Ukraine-Krieg spielen Drohnen eine zentrale Rolle, die Bundeswehr ist bei dieser Technologie aber weiter im Rückstand. Eine »Task Force Drohnen« des Verteidigungsministeriums schlägt deshalb vor, handelsübliche kleine Drohnen umfassend in die Truppe zu integrieren. Kommandeure sollen eigenverantwortlich über die schnelle Beschaffung entscheiden, um den Umgang mit den Geräten trainieren zu können. Darüber berichteten kürzlich die »Süddeutsche Zeitung« und die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf den Generalinspekteur Carsten Breuer. »Schon in den nächsten Monaten profitieren unsere Kräfte in Litauen und Deutschland bei Drohnenabwehr und Aufklärung«, sagte Breuer.

Ziel ist es demnach, kommerzielle Klein- und Kleinstdrohnen im deutschen Militär breit verfügbar zu machen. Einzige Einschränkung: Sie müssen militärische Sicherheitsstandards erfüllen. Die Beschaffung von Geräten des chinesischen Herstellers DJI, der auch für Drohnen bei Behörden Weltmarktführer ist, dürfte damit schwierig werden. Eine Anbieterliste soll dazu klare Richtlinien schaffen.

Die Drohnen-Projektgruppe hatte das Verteidigungsministerium im vergangenen Herbst eingerichtet, um insgesamt 200 verschiedene, auch bereits begonnene Maßnahmen zu bündeln. Geführt wird sie vom Leiter der Planungsabteilung im Kommando Heer in Strausberg.

In der »Task Force Drohnen« ging es außerdem um die Frage, inwiefern die Bundeswehr kostengünstige Kleindrohnen, die in der Ukraine intensiv genutzt werden, mit Sprengstoff ausrüsten könnte. Diesem Vorschlag erteilen die Experten eine vorläufige Absage – allerdings ist das Heer zu diesen Kamikazedrohnen mit einer entsprechenden Marktsichtung befasst.

Eigenentwicklungen und umfangreiche Vorratshaltung werden von der Projektgruppe nicht empfohlen, da die Drohnentechnologie schnellen Entwicklungszyklen unterliegt. Diesen Weg hatte die Bundeswehr in der Vergangenheit gewählt und sich etwa an der milliardenschweren Entwicklung der bewaffneten, aber schwerfälligen »Eurodrohne« beteiligt, die bei ihrer 2030 anvisierten Serienreife vermutlich schon veraltet ist. Bis dahin beschafft die Luftwaffe sechs »Heron TP« aus Israel mit einer ähnlichen Gewichtsklasse. Ein erstes Exemplar dieser Zwischenlösung ging im Mai im Luftraum über Norddeutschland in den praktischen Flugbetrieb.

Die »Task Force Drohnen« schlägt zudem Schutzmaßnahmen für die Truppe vor. Dazu werden verschiedene technische Mittel zur Signalstörung feindlicher Geräte beschafft, ebenso wie elektronische Zielhilfen zur effektiven Bekämpfung von Drohnen. In verschiedenen Vorhaben forscht die Bundeswehr außerdem an Anti-Drohnen-Drohnen, darunter sind im Projekt »Falke« auch Modelle mit Fangnetzen.

Gegen feindliche Drohnen sollen auch Störgeräte, sogenannte Jammer, verstärkt beschafft werden, insbesondere für die Litauen-Brigade. Zusätzlich plant die Bundeswehr, Soldaten an der Nato-Ostflanke mit speziellen Tarn-Ponchos auszustatten, die neben optischer Tarnung auch elektromagnetischen Schutz gegen gegnerische Drohnen bieten. Geplant ist zunächst der Kauf von 1100 Stücken dieser speziellen Kleidung.

Mit den neuen Drohnenabwehrmaßnahmen soll auch verhindert werden, dass auf deutschen Truppenübungsplätzen Drohnen zur Spionage eingesetzt werden. Dazu hatte es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Berichte gegeben, viele der Vorfälle werden Russland zugerechnet.

Ein Schlüsselerlebnis für die Einrichtung der »Task Force Drohnen« war offenbar die starke Nachfrage ukrainischer Soldaten während der Ausbildung in Deutschland nach Drohnen zur Aufklärung. Dies verdeutlichte den Berichten zufolge den Nachholbedarf der Bundeswehr.

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