Flughafen Köln/Bonn: Die Letzte Generation klebt wieder

Aktivisten legen Flughafen Köln/Bonn zeitweise lahm und kündigen internationale Protestwelle an

Aktivistinnen stellen die neue Kampagne »Oil kills« (»Öl tötet«) am Flughafen Wien vor.
Aktivistinnen stellen die neue Kampagne »Oil kills« (»Öl tötet«) am Flughafen Wien vor.

Als die Letzte Generation im Januar ankündigte, sich in Zukunft nicht mehr auf Straßen kleben zu wollen, waren die Rollbahnen von Flughäfen wohl nicht mitgemeint. Das wurde spätestens deutlich, als der Flughafen Köln/Bonn am Mittwochmorgen etwa drei Stunden lang seinen Betrieb einstellen musste. Fünf Personen hatten sich in den frühen Morgenstunden mit einem Sand-Klebstoff-Gemisch auf einem Rollweg festgeklebt. Ungefähr 25 Flüge seien davon betroffen gewesen, sagte ein Flughafensprecher. Um kurz nach 9 Uhr waren alle Aktivist*innen vom Asphalt gelöst und der Flugbetrieb konnte wieder aufgenommen werden.

Ähnliche Aktionen fanden zeitgleich in Finnland, Norwegen, Spanien, England und der Schweiz statt. Dort wurden Störungen des Flugverkehrs aber weitestgehend verhindert.

Der koordinierte Protest war der Startschuss für die internationale Kampagne »Oil kills«, übersetzt: »Öl tötet«. »Diesen Sommer passiert etwas, das es so noch nie gab«, kündigte Lina Schinköthe in einer Pressekonferenz der Letzten Generation an. »Bewegungen aus über 10 Ländern haben sich zum gemeinsamen Kampf gegen Öl zusammengeschlossen.« In den kommenden Wochen soll deshalb friedlicher Widerstand geleistet werden – »auf Kreuzungen, auf Flughäfen und an öffentlichen Orten«.

Zentrale Forderung von »Oil Kills«: Die betreffenden Regierungen sollen einen rechtsverbindlichen Vertrag schließen, um die Förderung und Verbrennung von Öl, Gas und Kohle bis 2030 einzustellen; und ärmere Ländern bei einem schnellen und gerechten Ausstieg unterstützen.

Dazu sollen sich die Länder der »Fossil Fuel Non-Proliferation treaty Initiative« anschließen, also einer Initiative, die einen Vertrag zur Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe zum Ziel hat, so die Übersetzung. Als Vorbilder dienen etwa der Atomwaffensperrvertrag oder das Montrealer Protokoll, mit dem sich die internationale Staatengemeinschaft dazu verpflichtete, auf ozonschichtschädigende Stoffe wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zu verzichten.

Bereits 2022 forderten die besonders vom Klimawandel betroffenen pazifischen Inselstaaten Tuvalu und Vanuatu, einen solchen Vertrag zu entwickeln. Bis heute haben sich dieser Forderung 13 Staaten angeschlossen, darunter der Ölförderstaat Kolumbien. Zu den Unterstützern der Initiative zählen auch das Europäische Parlament und die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Doch die Letzte Generation beschränkte sich nicht auf diesen Vertrag. Während der Pressekonferenz forderte die Gruppe die Bundesregierung dazu auf, die Flugindustrie sozial gerecht herunterzufahren. Wie aus einem Bericht des Umweltbundesamtes hervorgeht, würde diese jährlich mit zwölf Milliarden Euro subventioniert. Das »Verbrennen von Steuergeldern« sei »politischer Irrsinn, den die Letzte Generation nicht so stehen lassen« könne. Mit den Flughafenblockaden wolle die Gruppe aufzeigen, dass es nicht mehr »normal« sei, das Flugzeug als alltägliches Verkehrsmittel zu betrachten.

»Wir lassen diesen Konflikt nicht entstehen, wir bringen ihn nur an die Oberfläche.«

Ronja Künstler Letzte Generation

Dabei rechnet die Organisation nicht mit einer Sympathiewelle für ihr gesellschaftliches Engagement. An die Betroffenen der Blockaden gerichtet, bemühte sich die Letzte Generation um Verständnis: »Dieser Protest richtet sich nicht gegen euch persönlich, dieser Protest richtet sich gegen das klimapolitische Versagen der Regierung«, betonte Lars Werner. Die Sängerin und Aktivistin Ronja Künstler ergänzte: »Nicht wir sind es, die diesen Konflikt entstehen lassen, wir bringen ihn nur an die Oberfläche.«

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Zweifellos aber sind es die Aktivist*innen der Letzten Generation, die mit einem immer härteren Durchgreifen der Justiz rechnen müssen. Zuletzt gab es in Deutschland und England Rekordstrafen für friedlichen Protest: Eine Aktivistin der Letzten Generation handelte sich eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten ein, Roger Hallam, der Mitgründer von Extinction Rebellion und Just Stop Oil, soll sogar für fünf Jahre ins Gefängnis.

Dass die Rechtsprechung hierzulande nicht mehr weit entfernt ist von »britischen Verhältnissen«, machte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) deutlich. Er verurteilte die Proteste scharf und drängte den Bundestag dazu, die geplanten Verschärfungen des Luftsicherheitsgesetzes schnell zu beschließen. »Mit der Einführung von Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren Haft für das Eindringen auf Flughäfen geben wir den Richtern ein Instrumentarium an die Hand, um angemessen zu urteilen«, so Wissing. Davon möchte sich die Letzte Generation nicht beeindrucken lassen. »Wir können nur an die Regierung appellieren, die Spirale aufzubrechen, friedlichen Protest mit immer drakonischeren Strafen zu belegen«. Denn eines stünde fest: »Die Letzte Generation wird weitermachen.«

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