- Politik
- Fridays for Future
Fridays for Future: Klimaschutz in der Krise
Immer weniger Menschen kommen zu Klimastreiks. Auf dem diesjährigen Sommerkongress diskutiert Fridays for Future über neue Strategien.
Sechs Trauerweiden umranden den Teich in Halle auf der Saale-Insel Ziegelwiese. Blickte man diese Woche zwischen den Bäumen hindurch, bekam man – anstatt einer leeren Wiese – eine kleine Zeltlandschaft zu Gesicht. Links des Teichs: große, weiße Pavillons und rot-orangene Zirkuszelte, sogar eine Bühne wurde hier errichtet; rechts die bunten Zelte zum Schlafen. Wimpelketten schaukeln in einer kaum kühlenden Brise. »Sommer, Sonne, Klimaschutz« – der diesjährige Sommerkongress von Fridays for Future (FFF) blieb seinem Motto treu.
Über 300 Personen aus fast allen Bundesländern haben sich laut der Organisation zum Kongress angemeldet. Fünf Tage lang lernten Aktivist*innen dazu, dachten über die Zukunft der Fridays nach und versuchten, neue Leute hinzuzugewinnen. Ganz konkret ging es aber auch um die Planung des nächsten globalen Klimastreiks am 20. September.
All das geschieht in schweren Zeiten für FFF: zu den bundesweiten Klimastreiks zur Europawahl am 31. Mai gingen deutlich weniger Menschen auf die Straße als erwartet. Das war angesichts der schon länger schwächelnden Klimabewegung keine Überraschung. Ole Horn, Pressesprecher der Ortsgruppe Halle, erklärt diese Dynamik gegenüber dem »nd« mit den vielen anderen Krisen, die die Bedeutung der Klimakrise verdrängen – und mit frustrierten Aktivist*innen: »Egal, wie sehr sie sich engagieren, es passiert einfach nicht genug.« Gerade deshalb sei der Sommerkongress so wertvoll, meint Horn: »Klimaaktivismus ist kräftezehrend, deshalb ist es schön zusammenzukommen.«
Trotz der schon seit Jahren nachlassenden Teilnehmendenzahlen auf FFF-Demos möchten die Fridays am Format Klimastreik festhalten. »Wir sind davon überzeugt, dass es diese zugängliche und anschlussfähige Aktionsform braucht, weil es unfassbar wichtig ist, dass viele Menschen auf die Straße gehen«, so Horn.
Das bedeutet aber nicht, dass FFF sich nicht weiterentwickelt. In Zukunft wolle FFF darüber hinaus noch näher an der »Lebensrealität der Menschen« wirken, wie sie es schon mit der Gewerkschaftskampagne »Wir fahren zusammen« getan haben, um die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. Zu diesen lebensnahen Aktionsformen wird perspektivisch wohl auch häufiger die Unterstützung nach Naturkatastrophen gehören, so Horn. Schon nach den Hochwassern in Süddeutschland waren die Fridays vor Ort und haben mit angepackt. FFF-Sprecher Horn ist es wichtig zu betonen, dass es sich dabei nicht um PR-Stunts handelt, sondern die möglichst effektive Hilfe im Vordergrund steht.
Zur ohnehin schon schwierigen Situation kommt die zunehmende Unterdrückung von Klimaaktivismus: Ende Gelände wird vom Verfassungsschutz als »linksextremistischer Verdachtsfall« geführt, Gerichte verhängen Rekordstrafen gegen Aktivist*innen der Letzten Generation. Auch ein gesellschaftlich weitgehend akzeptierter Akteur wie Fridays for Future ist von dieser Dynamik betroffen. »Die Kriminalisierung verändert den Blick auf die gesamte Klimabewegung«, sagt Horn. Außerdem seien im Zuge der Ermittlungen gegen die Letzte Generation auch Agenturen durchsucht worden, die mit Fridays for Future in Verbindung stehen. Horn betont die Solidarität zwischen den verschiedenen Gruppen: »Die Aktionsformen unterscheiden sich zwar, doch uns allen geht es um gerechten Klimaschutz. Deshalb sehen wir das härtere Vorgehen gegen Ende Gelände und die Letzte Generation in höchstem Maße kritisch.«
Etwas flussaufwärts von der Zeltwiese erheben sich schroffe Felsen vom Ufer der Saale. Oben, im Bildungshaus »Riesenklein«, halten die Fridays Workshops ab. Es geht ums Organizing für Volksentscheide, Pressearbeit und um perfekte Instagram-Posts. Am Dienstagnachmittag fand hier auch das Abschlussplenum statt, auf dem die Aktivist*innen den Sommerkongress Revue passieren ließen. Der alte Hörsaal brummte vor Tatendrang und es wurde deutlich, warum Horn die Zusammenkunft so sehr schätzt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.