Keine Ersatzpässe für ukrainische Männer mehr

Hessen verweigert 18- bis 60-Jährigen Ausstellung von Reisepapieren

Zehntausende ukrainische Männer sind schon im Abwehrkampf gegen Russland getötet worden. Die Kiewer Regierung har die Regelungen zur Wehrpflicht deshalb drastisch verschärft. Auch ehemalige Strafgefangene dürfen sich an der Front bewähren wie hier Angehörige des Shkval-Bataillons
Zehntausende ukrainische Männer sind schon im Abwehrkampf gegen Russland getötet worden. Die Kiewer Regierung har die Regelungen zur Wehrpflicht deshalb drastisch verschärft. Auch ehemalige Strafgefangene dürfen sich an der Front bewähren wie hier Angehörige des Shkval-Bataillons

Der Schutzstatus für ukrainische Kriegsflüchtlinge nach der sogenannten EU-Massenzustromrichtlinie gilt noch bis zum 4. März 2025 und wird voraussichtlich um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Doch für Männer zwischen 18 und 60 Jahren könnte er demnächst nur noch eingeschränkt gelten. Denn seit Ende April bekommen sie in den Konsulaten ihres Landes keine Pass-Aktualisierung mehr. Die Kiewer Regierung hat verfügt, dass sie dafür in die Heimat reisen müssen. Dort aber droht ihnen unter dem geltenden Kriegsrecht die sofortige Rekrutierung für den Fronteinsatz gegen die russischen Invasoren.

Bislang machen deutsche Ämter keinen Druck auf Ukrainer, einen gültigen Reisepass zu haben. Die Landesbehörden sind angehalten, den Männern bis auf Weiteres Ersatzpapiere auszustellen.

Allerdings gilt das offenbar nicht für Reisepässe. So teilte die CDU-SPD-Landesregierung jetzt auf Anfrage der Wiesbadener AfD-Landtagsfraktion mit, hessische Ausländerbehörden würden ukrainischen Männern »grundsätzlich keine deutschen Ersatzreiseausweise« mehr ausstellen. Es sei »ihnen zumutbar, zur Passbeschaffung in die Ukraine zu reisen und der Wehrpflicht nachzukommen«, heißt es in der Antwort von Sozial- und Integrationsministerin Heike Hofmann (SPD).

Der Hessische Flüchtlingsrat stellte dazu am Donnerstag auf nd-Anfrage klar: »Der Aufenthalt dieser Personen ist nicht gefährdet. Sie bekommen die Aufenthaltserlaubnisse auch ohne Pass ausgestellt und verlängert.« Ukrainische Männer können also in Deutschland bleiben, aber nicht mehr ins Ausland reisen.

Insgesamt leben nach Angaben des Bundesinnenministeriums derzeit 226 000 Ukrainer zwischen 18 und 60 Jahren in Deutschland. Sie sind weiter vergleichsweise gut vor einem Fronteinsatz gegen ihren Willen geschützt.

Anders geht es russischen und belarussischen Männern, die sich nicht am Töten beteiligen und nicht im Krieg sterben wollen. Ihre Asylgesuche werden in Deutschland und der EU meist abgelehnt, denn Kriegsdienstverweigerung allein ist nicht als Asylgrund anerkannt. Nach aktuellen Schätzungen leben derzeit 36 000 russische Männer im wehrfähigen Alter in Deutschland, die nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine ihr Land verlassen haben. Ihr Status ist überwiegend prekär, humanitäre Visa werden für sie nicht ausgestellt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.