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Klage gegen geheime Denunzianten in Bayern
Verfassungsschutz soll persönliche Informationen nicht mehr so leicht an Private geben
Seit August 2023 darf Bayerns Verfassungsschutz Informationen zu beobachteten Personen an Arbeitgeber, Vermieter oder andere private Akteure weitergeben. Möglich ist dies immer dann, wenn der Inlandsgeheimdienst dies »zur Verhütung oder Beseitigung sonstiger erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Empfängers« für erforderlich hält. Die Betroffenen können daraufhin den Arbeitsplatz oder die Wohnung verlieren – ohne jemals den Grund dafür zu erfahren: Die Datenweitergabe erfolgt geheim.
Gegen die Regelung im bayerischen Verfassungsschutzgesetz haben am Freitag fünf Klimaaktivisten aus dem Bundesland eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Einer von ihnen ist der nur unter Alias-Namen auftretende Johnny Parks, der bei Ende Gelände aktiv ist. Parks bedient in bayerischer Tracht in Wirtshäusern des Bundeslandes, berichtet er dem »Spiegel«. Würden die Arbeitgeber von seinen politischen Aktivitäten erfahren, drohe ihm wohl die Kündigung. Er überlege sich deshalb zweimal, zu welcher Veranstaltung er gehe oder mit wem er rede, erklärt Parks.
Alle Beschwerdeführer, darunter auch die Münchner Lehramtsstudentin Lisa Poettinger, sind in Bewegungen aktiv, die vom Landesamt für Verfassungsschutz als »linksextremistisch« oder als »Verdachtsfall« angesehen werden. Dazu zählen neben Ende Gelände auch das Offene Antikapitalistische Klimatreffen München.
Die fünf Klagenden werden in Karlsruhe von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt. »Der Verfassungsschutz kann Menschen umfassend überwachen und die gesammelten Daten ohne Wissen der Betroffenen an deren Umfeld weitergeben«, kritisiert David Werdermann, Jurist bei der GFF. »Solche Methoden haben in einer Demokratie nichts zu suchen.« Wegen der Geheimhaltung können sich die Betroffenen auch nicht dagegen wehren oder die Maßnahme überprüfen lassen. Dies verstoße gegen rechtsstaatliche Prinzipien, so die GFF.
Vor dem Bundesverfassungsgericht argumentieren die fünf, die Regelung zur Datenweitergabe greife tief in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Insgesamt besteht bei ihnen die Sorge, dass die laxe Regelung den Verfassungsschutz zu einem »amtlichen Denunziantentum« ermächtigt.
Gänzlich untersagen will die GFF die Datenweitergabe durch den Geheimdienst nicht, sondern verlangt eine höhere »Übermittlungsschwelle«. Demnach soll eine Datenweitergabe an Arbeitgeber oder Vermieter nur dann erlaubt sein, wenn eine »konkretisierte Gefahr für ein besonders gewichtiges Rechtsgut« festgestellt wird.
Politische Unterstützung erhalten die Kläger von der Roten Hilfe. »Die laxe Regulierung der Datenweitergabe hat das Potenzial, politisch Aktive zu diskreditieren und ihr Engagement zu kriminalisieren«, sagt Anja Sommerfeld aus dem Vorstand der bundesweiten Solidaritätsorganisation.
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