Amazon, Google und Microsoft: Server für den Gaza-Krieg

Amazon, Google und Microsoft stellen riesige Serverkapazitäten und Künstliche Intelligenz für Israels Armee

Mithilfe von Amazons »Kill Cloud« soll Israel Ziele für Luftangriffe in Gaza bestimmt haben (Symbolbild: Ein Wohnhaus im Flüchtlingslager Bureidsch bei einer Bombardierung im Juni).
Mithilfe von Amazons »Kill Cloud« soll Israel Ziele für Luftangriffe in Gaza bestimmt haben (Symbolbild: Ein Wohnhaus im Flüchtlingslager Bureidsch bei einer Bombardierung im Juni).

Vor zwei Jahren hat das Disruption Network Lab in Berlin die Konferenz »The Kill Cloud« organisiert. Dabei ging es um die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung militärischer Aufklärung und Kommandoführung, wofür stetig wachsende Speicherkapazitäten benötigt werden. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) vervielfacht diesen Bedarf. Große Cloud-Dienstleister wie etwa Amazon Web Services (AWS) haben diese Nische längst erkannt und gefüllt. So verlagert etwa das US-Militär seine »Gefechtswolke« zusehends in Amazon-Rechenzentren; eine Entwicklung, die auch in Deutschland zu erkennen ist.

Auch das israelische Militär nutzt Cloud-Speicher und KI-Dienste von AWS, außerdem von Google Cloud und Microsoft Azure. Darüber berichtete bereits der Technik-Journalist Jack Poulson in einer Recherche im Mai, nun hat sie das israelische +972 Magazine anhand von Zeugenaussagen verifizieren können. Ein Verstärker war demnach der Gaza-Krieg, der Israels Militär mit Beginn der Bodeninvasion an seine Kapazitätsgrenzen brachte.

Zivile, kommerzielle Cloud-Dienste böten unbegrenzte Speicher- und Verarbeitungskapazitäten sowie fortschrittliche KI-Fähigkeiten, hatte eine Kommandeurin der israelischen Armee-Einheit für Datenverarbeitung auf einer Tech-Konferenz erklärt. Das habe geholfen, die Schlagkraft im Gaza-Krieg »sehr signifikant« zu steigern.

Kein Geheimnis und vielfach berichtet ist, dass Israel im Jahr 2021 mit Google und Amazon für 1,2 Milliarden Dollar einen Vertrag für die Nutzung von Cloud-Diensten unterzeichnete. Ziel dieses »Projekt Nimbus« war es, Informationssysteme von Regierungsbehörden auf die Server der Unternehmen zu überspielen. Wegen Israels Unterdrückung der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland führte der Deal unter dem Motto »No Tech For Apartheid« zu Protesten von Mitarbeitern beider Unternehmen. Nach dem 7. Oktober haben sie zugenommen, allein Google soll daraufhin 50 Mitarbeiter entlassen haben.

Yuval Abraham, der die Recherche aufgeschrieben hat, belegt diese mit Quellen aus dem israelischen Verteidigungsministerium, der Rüstungsindustrie und den Unternehmen. Demnach lagere die AWS-Cloud eine »unendliche Menge« an Informationen für die Armee. In einigen Fällen sollen diese auch genutzt worden sein, um »ergänzende Informationen« vor Luftangriffen gegen mutmaßliche militärische Ziele zu liefern, bei denen auch viele Zivilisten getötet wurden. Die Firmen könnten sich damit an Kriegsverbrechen beteiligt haben.

Obwohl es hieß, Israels Militär und Verteidigungsministerium würden keine als »geheim« eingestuften Daten in die kommerziellen Clouds hochladen, zeigt die Recherche von +972 das Gegenteil. Seit Oktober 2023 stellt demnach insbesondere Amazon Datenspeicher- und KI-Dienste für Armeeeinheiten bereit, die auch sensible Informationen verarbeiten.

Allerdings wird dies vom israelischen Militär bestritten. Eine Frage der Definition, denn unter anderem liegen auf den Servern von AWS Milliarden von Audiodateien abgehörter Gespräche, die durchaus als sensibel zu betrachten sind. Die in der AWS-Cloud gespeicherten Daten sollen aus der »Massenüberwachung« der Bevölkerung Gazas stammen.

Für die Cloud-Unternehmen ist das israelische Verteidigungsministerium ein wichtiger und »strategischer« Kunde, schreibt Abraham in +972. Dies liege nicht nur am großen finanziellen Umfang der Transaktionen, sondern auch daran, dass Israel als einflussreich bei der Meinungsbildung unter Sicherheitsbehörden weltweit und als Trendsetter gilt.

Das ist nicht zu tief gestapelt: In den Skandalen um die weltweite Nutzung der israelischen Spionagesoftware »Pegasus« kam heraus, wie Israels Regierung etwa Ausfuhrgenehmigungen dieser Cyberwaffe für diplomatische Zwecke nutzt, und der Hersteller NSO dazu mit dem Militär und dem Außenministerium zusammenarbeitet.

Die Nutzung der kommerziellen digitalen Technologien wirft ernsthafte ethische Fragen auf, heißt es in der Recherche des +972 Magazins. Denn große, in den USA angesiedelte Technologieunternehmen tragen damit zu Israels andauerndem Krieg bei – einem Krieg, der vom Internationalen Gerichtshof wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen, Genozid und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den illegal besetzten Gebieten kritisiert wurde.

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