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Rechte Politik: »Für alle scheiße«
Beschäftigte im sozialen und kulturellen Bereich starten Kampagne »Uns kriegt ihr nicht klein« gegen eine rechte Regierung
»Wir wollen zeigen, dass rechte Politik ganz konkrete und greifbare Auswirkungen für ganz viele Menschen hat«, sagt Rike zu »nd«. Rike und Sophie sitzen auf dem Freiland-Areal in Potsdam. Das selbst organisierte Jugend- und Soziokulturzentrum bietet Raum für zahlreiche Projekte und Initiativen. Orte wie das Freiland sind ein Dorn im Auge rechter Akteur*innen. Eine Bedrohung durch rechte Politik in Brandenburg nehmen Rike und Sophie aber nicht nur für linke Räume, sondern für einen großen Teil der Arbeit im sozialen und kulturellen Bereich wahr. Deswegen haben sie zusammen mit anderen die Kampagne »Uns kriegt ihr nicht klein. Solidarisch in Brandenburg« gestartet.
Im sozialen und kulturellen Bereich erschwerten schon jetzt finanzielle Kürzungen die Arbeit, mit einem Erstarken von rechter Politik würde sich die Situation noch deutlich verschlimmern, sagen die Aktivist*innen. Deshalb stellt die Kampagne Vereine und Einrichtungen vor, die sich klar gegen rechts positionieren. »Wir wollen Sichtbarkeit schaffen für alles, was in den Bereichen aktuell an guter Arbeit geleistet wird.« So sollen auch Nutzer*innen der Angebote erreicht werden. »Damit Leute sehen, dass zum Beispiel auch das Frauenhaus sagt, dass es bedroht ist, oder der Nachbarschaftstreff um die Ecke.«
Außerdem wolle die Kampagne eine »Vernetzung und Solidarisierung« der beteiligten Akteur*innen untereinander ermöglichen, sagt Sophie. »Gerade in den ländlichen Gebieten in Brandenburg stehen die Einrichtungen schnell alleine da.« Bei drohenden Kürzungen bekämen viele nicht mit, wie viele konkrete Angebote und Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.
Die an der Kampagne beteiligten Akteur*innen sind vielfältig. In einem kurzen Frage-Antwort-Format werden sie auf einer Webseite und in den sozialen Medien von »Uns kriegt ihr nicht klein« vorgestellt. Mit dabei ist etwa das Familienzentrum Philantow in Teltow, der Gubener Verein Friedensgrenze, das Soziale Zentrum Horte in Strausberg oder das Babelsberger Programmkino »Thalia«. Letzteres versteht es auch als Aufgabe, über Demokratie und Faschismus aufzuklären, sagt es in seiner Kurzvorstellung. »Natürlich muss die Frage gestellt werden, ob unter rechter Politik überhaupt noch diverses Filmschaffen möglich ist und welche Auswirkungen das auf unser Kinoprogramm haben wird.«
»Dass zum Beispiel auch das Kino in Babelsberg betroffen ist, zeigt, wie umfassend die Auswirkungen von rechter Politik sind.«
Rike Uns kriegt ihr nicht klein
»Dass zum Beispiel auch das Kino in Babelsberg betroffen ist, zeigt, wie umfassend die Auswirkungen von rechter Politik sind. Eine rechte Regierung wäre für alle scheiße«, sagt Rike. Gleichzeitig wären bestimmte Personengruppen besonders stark betroffen, denn eine vermeintliche Sozialpolitik von rechts gelte nicht für alle. Menschen mit Behinderungen etwa würden in rechten Parteiprogammen kaum Erwähung finden und für Erwerbslose forderten rechte Akteur*innen Verschärfungen und schnellere Sanktionen, sagt Sophie.
»Frauenpolitische Arbeit ist bedroht, queere Arbeit ist bedroht, Geflüchteten-Arbeit ist bedroht«, sagt Rike. So hat sich etwa auch das Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser der Kampagne angeschlossen. »Wenn wir schauen, was in anderen Ländern passiert, wenn extrem rechte Parteien an die Macht kommen, dann bekommen wir schon Angst, dass unsere Handlungsspielräume kleiner, die Ressourcen knapper und die Programme und Gesetze frauen- und queerfeindlicher werden«, schreibt das Netzwerk dazu.
Auch der Fachverband Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit Brandenburg hat sich der Kampagne angeschlossen. Er weist darauf hin, dass Angebote der Jugendförderung gemäß der Paragrafen 11 bis 14 im achten Sozialgesetzbuch sowohl durch die Zivilgesellschaft als auch durch politische Entscheidungen und öffentliche Finanzierung bestimmt werden. »Rechte Akteure haben mehrfach bekundet, dass sie kein Interesse an einer weltoffenen und pluralen Demokratiebildung« im Sinne dieser Paragrafen hätten, so der Fachverband.
Rike und Sophie arbeiten selbst in der schulischen Sozialen Arbeit. »Ich habe viel mit Familien zu tun, die in Armut leben oder geflüchtet sind. Es ist jetzt schon schwierig, niedrigschwellige Hilfen zu bekommen«, sagt Rike. »Das würde unter einer rechten Regierung noch schlimmer werden.«
Von den Menschen, die »Uns kriegt ihr nicht klein« auf die Beine gestellt haben, seien viele im sozialen und kulturellen Bereich tätig. Deshalb lag es für die Aktivist*innen nahe, genau dort anzusetzen, um über die Konsequenzen rechter Politik in Brandenburg aufmerksam zu machen. »Wir kommen aus einer Potsdamer Antifa-Gruppe. Wir dachten, für die Landtagswahlen braucht es eine andere Form von Politik, um auch andere Leute zu erreichen«, sagt Rike.
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