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Essener Gericht bestätigt Polizeigewalt

Nach Attacke durch Polizei erhält Opfer Schmerzensgeld

Seit 2020 gibt es immer wieder Berichte, wonach sich auch Beamte der Stadt Essen in rechten Chatgruppen organisieren.
Seit 2020 gibt es immer wieder Berichte, wonach sich auch Beamte der Stadt Essen in rechten Chatgruppen organisieren.

Im Fall um mutmaßliche Polizeigewalt erhält ein damals in Essen wohnender Mann 3500 Euro Schmerzensgeld, nachdem er im Jahr 2020 von der Polizei mit Schlagstock und Pfefferspray attackiert wurde. Der Vorfall ereignete sich, als sich John D. und sein Bruder in einer Essener Polizeiwache über die Behandlung ihrer Mutter beschweren wollten, die zuvor erfolglos versucht hatte, einen Diebstahl ihrer Geldbörse anzuzeigen. Ein Video, das im Gericht gezeigt wurde, dokumentiert die Konfrontation, bei der die Brüder von der Polizei verfolgt und angegriffen wurden. D. erlitt blutende Platzwunden und musste ins Krankenhaus.

Über die Verhandlung vor der Zivilkammer des Landgerichts am Freitag berichtet der WDR. Demnach hatte der damals 26 Jahre alte Kläger ursprünglich 5000 Schmerzensgeld gefordert. Die nun reduzierte Summe soll gezahlt werden, sofern das Land Nordrhein-Westfalen zustimmt. Ein Urteil dazu sprach das Gericht aber noch nicht.

Das Gericht verzichtete laut dem Bericht darauf, die Aussagen der Polizisten anzuhören, da das mit einer Bodycam aufgenommene Video des Vorfalls ihre Darstellung als unwahr widerlegte. Darauf soll zu sehen sein, wie D. nach dem Namen eines Polizeibeamten fragt. Das Gespräch verläuft der Darstellung zufolge missverständlich, der Mann verlässt die Wache offenbar frustriert. Anschließend schlägt er auf die Ausgangstür. Mehrere Beamte folgen den Brüdern, einer von ihnen hält seinen Schlagstock bereit. Nach mehreren Schlägen ist ein Polizist zu hören, der sagt: »Das sah aber schön aus.«

Der Anwalt des Klägers wirft den Polizisten Körperverletzung im Amt, Verfolgung Unschuldiger und Freiheitsberaubung vor. Der Richter hinterfragte zudem die Angemessenheit des angeblichen Platzverweises und die schnelle Eskalation der Gewalt. Die Beamten hatten behauptet, der Mann habe sich aggressiv verhalten und Platzverweise ignoriert – gemeint war die von einem Polizisten gemachte Äußerung »Verpiss Dich!«.

Die beiden Opfer von Polizeigewalt wollen neben der finanziellen Entschädigung auch Gerechtigkeit, berichtet der WDR. John D. hat bereits das jahrelange Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gewonnen. Nun sollen die beteiligten Polizisten zur Rechenschaft gezogen werden.

Der Vorfall auf der Essener Polizeiwache ereignete sich im gleichen Jahr wie der Tod von George Floyd in den USA, der unter dem Knie eines Polizisten erstickte. Kurz darauf hatte sich der inzwischen in den Ruhestand ausgeschiedene Polizeipräsident von Essen, Frank Richter, in einem Interview zu den damalige Ermittlungen gegen seine Beamten geäußert. Richter betonte dabei die Bedeutung von Bodycams zur Dokumentation von Polizeieinsätzen.

Jedoch behauptete der Noch-Polizeipräsident damals auch: »Betroffene polizeilicher Maßnahmen wollen hier sehr häufig durch den Missbrauch des Vorwurfs von Polizeigewalt und Rassismus vom eigenen Fehlverhalten ablenken. So macht sich der Täter zum Opfer. In der Öffentlichkeit – gerade in der digitalen – finden diese dann leider auch dankbare Abnehmer, die völlig undifferenziert Darstellungen übernehmen, diese nicht hinterfragen und sie im Ergebnis als einzige Wahrheit werten.«

Ebenfalls 2020 wurde bekannt, dass rund 30 Polizistinnen und Polizisten aus Essen jahrelang rechstextremen Chat-Gruppen angehört haben – am Ende folgte eine einzige Anklage. Wegen ähnlicher Vorwürfe nahm die Staatsanwaltschaft vor einem Jahr Ermittlungen gegen acht Verdächtige der Polizeibehörden Recklinghausen, Kleve und Borken auf.

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