Mindestlohn: Reform statt Appelle

Warum Felix Sassmanshausen am zehnten Geburtstag des Mindestlohns nicht zum Feiern zumute ist

Rumänische Erntehelfer*innen stechen Spargel auf einem Feld bei Darmstadt. Leiharbeiter*innen können vom Mindestlohngesetz profitieren.
Rumänische Erntehelfer*innen stechen Spargel auf einem Feld bei Darmstadt. Leiharbeiter*innen können vom Mindestlohngesetz profitieren.

Vor zehn Jahren wurde das in seiner heute gültigen Form bestehende Mindestlohngesetz unter dem damaligen Kabinett Merkel III verabschiedet. Das Gute daran: Damit kann vor allem jenen aus der Armutsfalle geholfen werden, die sich wegen der Unternehmensstrukturen schwer gewerkschaftlich organisieren können, wie Leiharbeiter*innen, Pfleger*innen und Reinigungskräfte.

Aber die letzte mickrige Erhöhung des Mindestlohns zeigt, der Teufel steckt im Detail. Und das nennt sich Ideal der Parität, das nicht allein das Gesetz, sondern die bürgerliche Gesellschaft als Ganzes durchzieht. Denn der Kompromiss zwischen gleichberechtigten Partnern gilt als höchste Form der Willensbildung. In einer Gesellschaft von Ungleichen aber dient er vor allem der Verschleierung von Herrschaft. Und so kommt es, dass die Kapitalseite die Gewerkschaften in der Mindestlohnkommission mithilfe der Vorsitzenden zuletzt ganz paritätisch und legal überstimmen konnte.

Die Empörung, auch seitens der SPD, war groß. Die will nun mit Verweis auf die EU-Mindestlohnrichtlinie mit einer saftigen Erhöhung auf 15 Euro bei den Arbeiter*innen punkten. Aber das ist kaum glaubwürdig. Denn immerhin war sie es, die mit der Union den Kompromiss zum heiligen Gesetz erklärte.

Zehn Jahre Mindestlohngesetz also ein Grund zum Feiern? Eher nein. Statt Appelle, die über die Bande der EU gespielt werden, bräuchte es vielmehr ernsthafte Reformbestrebungen.

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