Thüringer Linke: Mit »Da Da Da« gegen den Ernst der Lage

Thüringen: Die Linke hat mit einem Skandal zu kämpfen. Derweil versucht sich Bodo Ramelow als Musiker

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 4 Min.
Ministerpräsident im Wahlkampf: Bodo Ramelow am Sonntag im Dialog mit Bürgern in Rudolstadt
Ministerpräsident im Wahlkampf: Bodo Ramelow am Sonntag im Dialog mit Bürgern in Rudolstadt

Am Wochenende wurde auf Youtube ein ziemlich buntes und schrilles Musikvideo hochgeladen. Als Interpret des legendären 80er-Jahre-Hits »Da Da Da« versucht sich darin kein Geringerer als Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, wenn auch ein wenig versteckt hinter einer Sonnenbrille. Bis zum Montag hatten 17 000 Nutzer die zusammen mit der Linke-Landtagsabgeordneten Donata Vogtschmidt und viel Glitzer produzierte Coverversion des Songs der Band Trio aufgerufen. Die 26-Jährige tritt darin zusammen mit zwei weiteren Musikern als Punkpop-Band auf.

Aufgenommen wurde das Video, in dem im Hintergrund auch immer wieder der Thüringer CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt zu sehen ist, mit Sicherheit schon vor einiger Zeit. Derzeit wirkt es jedoch wie ein Versuch, im Wahlkampf in ziemlich verzweifelter Lage für Die Linke etwas Ablenkung und Unterhaltung unterzubringen. Die Kommentare auf Youtube reichen von »Noch einen Grund mehr, die AfD zu wählen« über »Es ist so wichtig, ein zweites Standbein zu haben« und zahlreiche begeisterte Reaktionen bis hin zu »Bo Bo Do«.

Deutlich erkennbar ist, dass es sich um einen Beitrag zum Wahlkampf handelt. Denn während des Sprechgesangs von Ramelow und Vogtschmidt werden in 80er-typischer Schrift Schlagzeilen wie »Ramelow gefährlicher als die AfD« oder »Brandmauer eingestürzt?« eingeblendet. Und am Ende der Aufnahme erscheint in Anlehnung an die Textzeile »Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht« die Botschaft: »Du musst mich nicht lieben. Demokrat sein reicht.« Das dürfte vor allem ein Appell an die in Umfragen vorn liegende CDU sein. Die hat bislang eine Kooperation mit der Linken abgelehnt, während Spitzenkandidat Voigt ein Zusammengehen mit der Linke-Abspaltung BSW für realistisch hält.

Währenddessen wird die Thüringer Linke von einem Skandal zur Unzeit erschüttert. Vergangene Woche durchsuchte die Staatsanwaltschaft Erfurt das Landtagsbüro eines Linke-Abgeordneten und zwei Wahlkreisbüros im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Konsums und Besitzes von Darstellungen sexualisierten Missbrauchs von Kindern. Von Ramelow über die Landtagsfraktion bis zum Landesvorstand zeigten sich alle entsetzt, appellierten an den Abgeordneten, Stellung zu nehmen, und sicherten den Ermittlern ihre volle Kooperation zu.

Dies reichte der Eisenacher Linke-Landtagsabgeordneten Kati Engel nicht, und so erklärte sie am Samstag ihren sofortigen Austritt aus der Partei nach 20 Jahren Mitgliedschaft. »Für mich als Kinderpolitikerin ist es nicht hinnehmbar, wie die Partei mit Vorwürfen der Kinderpornografie in den eigenen Reihen umgeht«, schrieb sie in einer persönlichen Erklärung, die sie am Samstag auf ihrer Webseite veröffentlichte. Die Ermittlungen gegen ihren Fraktionskollegen, dessen Namen sie in der Stellungnahme nennt, seien »eben nicht nur ›ein bloßer Verdacht‹«. Dass der Linke-Landesvorstand den Mann bislang nicht aufgefordert habe, sein Mandat niederzulegen, sei »nicht nachvollziehbar«.

Engel, Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik ihrer Fraktion, sitzt seit 2014 im Landtag. Dem nächsten Landesparlament wird sie nicht angehören, weil sie sich zur Landtagswahl am 1. September nicht mehr um ein Mandat bewirbt. Das war lange vor ihrem Parteiaustritt klar.

Nach dem Austritt Engels veröffentlichten die Linke-Landesvorsitzenden Ulrike Grosse-Röthig und Christian Schaft, Fraktionschef Steffen Dittes und Bodo Ramelow eine lange gemeinsame Erklärung. Darin beteuern sie einerseits, dass der Abgeordnete wie jeder andere Beschuldigte in einem Strafverfahren das »unabstreitbare Recht« habe zu schweigen. »Und er hat das Recht, dass ein Schweigen nicht als Schuldeingeständnis interpretiert wird«, heißt es in der Stellungnahme.

Andererseits habe er als Parlamentarier »die Verantwortung, sich zu äußern«, schreiben die Vier. »Wenn er weiter schweigt und sich nicht zum Ermittlungsverfahren äußert, dann erwarten wir eine Erklärung zum vollständigen Rückzug aus der Politik und insbesondere zur Nichtannahme eines gegebenenfalls nach der Wahl durch Zweitstimmen für die Partei Die Linke ihm zufallenden Mandates.« Der Mann war im April auf einen aussichtsreichen Platz der Linke-Liste zur Landtagswahl gewählt worden.

Weiter betonen die Unterzeichnenden: »Trotz aller politischen Belastungen und möglicherweise negativen Auswirkungen eines einzelnen Handelns auf uns als Partei stellen wir unmissverständlich fest, dass es keine Ermittlungen zur Unzeit gibt.«

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