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Wahlfarce in Venezuela
Martin Ling über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes
In Venezuela stehen die Zeichen auf Eskalation. Das Oberste Gericht unter Führung von Caryslia Rodríguez, einer Parteigenossin des Präsidenten Nicolás Maduro, hat den Sieg des Amtsinhabers bei den Präsidentschaftswahlen am 28. Juli höchstrichterlich bestätigt. »Das geprüfte Wahlmaterial ist einwandfrei zertifiziert«, erklärte sie. Die Entscheidung sei unanfechtbar, der Fall geschlossen. Eine Begründung, warum die auch von befreundeten Regierungen wie Lula in Brasilien, Petro in Kolumbien und López Obrador in Mexiko geforderte Offenlegung der Wahlakten nicht erfolgte, liefert sie auch: Wegen einer Cyber-Attacke auf das Wahlsystem sei es nicht möglich gewesen, die Resultate der einzelnen Stimmbezirke zu veröffentlichen.
Wenn eines sicher ist, dann, dass dieser Fall nicht geschlossen ist. Das venezolanische Wahlsystem mag zwar gegen Hacker-Angriffe nicht gefeit sein, aber verlässliche Ergebnisse liefert es auf analogem Wege trotzdem. Jede Wahlmaschine druckt vor der Übertragung der Daten ein Endergebnis aus, das die Wahlhelfer unterschreiben. Zudem gibt es für jede einzelne Stimmabgabe einen Kontrollausdruck. Die Opposition der Lüge zu überführen, wäre ein Leichtes. Dass die Regierung Maduro und das ihr gewogene Oberste Gericht darauf verzichten, spricht für Wahlbetrug.
Venezuela steht damit vor einer neuen Runde eines Machtkampfes mit allen Mitteln zwischen Regierung und rechter Opposition. Neue Sanktionen durch die USA sind eine Frage der Zeit. Für Venezuelas leidgeprüfte Bevölkerung sind das schlechte Nachrichten.
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