Werbung

Faschismus und Islamismus sind zwei Seiten derselben Medaille

Raul Zelik über die Reaktionen der Politik nach dem Anschlag von Solingen

Nach den islamistischen Morden in Solingen spricht Deutschland wieder einmal über Migration statt über eine rechtsextreme religiöse Bewegung.
Nach den islamistischen Morden in Solingen spricht Deutschland wieder einmal über Migration statt über eine rechtsextreme religiöse Bewegung.

Nach den tödlichen Angriffen in Solingen weiß das politische Deutschland wieder einmal sofort, was zu tun ist. Die AfD fordert eine »Abschiebeoffensive«, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz assistiert: »Nicht Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge.« Und Fabio De Masi vom »Bündnis Sahra Wagenknecht« stimmt ein in den Chor: »Wir müssen über Parallelgesellschaften sprechen und eine hohe Anzahl von Menschen, die bei uns lebt, ohne unter das Asylrecht zu fallen.«

Wieso das?! Was hat der »Islamische Staat«, der das Attentat für sich reklamiert, mit Migration und Asylrecht zu tun? Beim militanten Islamismus handelt es sich um eine reaktionäre Bewegung, die zur globalen extremen Rechten gehört und auch unter in Europa geborenen Menschen floriert. Die IS-Attentate in Frankreich beispielsweise wurden überwiegend von Personen begangen, die in Frankreich aufgewachsen sind (und dort übrigens auch diskriminiert wurden). Wie genau soll eine Grenzschließung solche Anschläge verhindern?

Lesen Sie auch: Rassistische Kipppunkte – Die extreme Rechte versucht, aus dem Anschlag von Solingen Kapital zu schlagen.

Wenn man den reaktionären Islamismus bekämpfen will, muss man seine Grundlagen verstehen. Und in dieser Hinsicht hat er mit der extremen Rechten einiges gemeinsam: Er ist antifeministisch und gewaltorientiert, hasst Abweichungen von der sexuellen Norm und will der sozioökonomischen Krise des Kapitalismus mit einer Stärkung der »eigenen kulturellen Identität« begegnen. Setzen Faschist*innen auf den »Rassenkrieg«, um die weiße globale Vorherrschaft zu sichern, propagieren Islamist*innen einen »Krieg gegen die Ungläubigen«, mit dem sich die Herrschaftsverhältnisse in der eigenen Gesellschaft verschleiern lassen. Islamismus und Faschismus sind zwei Seiten derselben Medaille.

Wer trotzdem unbedingt über Migration und Asylrecht sprechen möchte, sollte dann doch eher die Frage stellen, warum es der islamistischen Rechten immer wieder gelingt, in Asylbewerberheimen Anhänger zu rekrutieren. Der Umstand, dass das europäische Asylrecht Migrant*innen entrechtet und gleichzeitig in Abhängigkeit und ökonomischer Not hält, ist hier sicher kein unbedeutender Faktor. Wir wissen noch nicht, ob der Messerstecher von Solingen Überzeugungstäter, psychisch krank oder vielleicht auch beides war. Sicher ist jedoch, dass der Umgang der deutschen Asylbürokratie mit Geflüchteten beides produziert: Radikalisierung und Wahnvorstellungen. Wer eine reaktionäre Bewegung wie den militanten Islamismus bekämpfen will, muss solche Zusammenhänge erkennen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.