Für manche das Bier, für ihn das Wasser

Bei der Eröffnung des neuen Wassersportmuseums in Grünau dankten alle insbesondere dem Museumsgründer Werner Philipp

Ruderer auf der Spree im Treptower Park: Historische Abbildung des Wassersports in Berlin
Ruderer auf der Spree im Treptower Park: Historische Abbildung des Wassersports in Berlin

Ganz allein steht Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) im Eingangsbereich, ihre rechte Hand umklammert fest eine Schere. Mit der Linken hält sie das Band mit der wiederholten Aufschrift »Sportmetropole Berlin« fest, das noch den Zutritt in die Räume versperrt.

»Der Dank gilt, dass wir diese Perle für Berlin, für Grünau, für alle hier eröffnen können«, sagt Spranger, dann schneidet sie mit der Schere das Band durch. Sämtliche Kameras und begeisterte Gesichter der Besucher*innen richten sich auf sie. Mit dieser Geste eröffnet Spranger am Freitagmittag das neue Wassersportmuseum in Berlin-Grünau. Unter anderem erschienen zur Eröffnung Oliver Igel (SPD), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Urte Verlohren, Referatsleiterin der Sportverwaltung, sowie Roland Helms, Leiter des Wassersportmuseums. Darüber hinaus versammelten sich über 100 Gäste, die meisten im Rentenalter. Das Interesse für das Nischenmuseum ist so groß, dass im Veranstaltungsraum die Hälfte der Besucher*innen wegen Sitzplatzmangels stehen muss. Nach dem Durchschneiden des Bandes weigert sich Spranger allerdings, die neuen Räumlichkeiten des Museums zu betreten. »Wartet mal, ich hol ihn«, sagt sie und hastet durch die geduldig wartende Menge, um kurze Zeit später einen älteren Mann mit einer Krücke durch die Tür zu begleiten.

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»Das ist euer Museum«, sagt Spranger und wendet sich an den Mann, dem sämtliche Redner*innen einen besonderen Dank aussprachen – Werner Philipp. Am Freitag genießt Philipp fast genauso viel Aufmerksamkeit wie das Museum selbst; an seinem Jackett trägt er das Bundesverdienstkreuz. Dass Philipp das Abzeichen beim nächsten Wiedersehen trage, habe sich Spranger gewünscht: Schließlich war sie diejenige, die ihn für sein Engagement im deutschen und Berliner Rudersport mit dem Orden ausgezeichnet hatte. So soll er sich neben dem Wassersportmuseum besonders auch für die Regattastrecke eingesetzt haben. Er sei es gewesen, der viele Exponate des Museums zusammengestellt und dokumentiert hat.

»Das ist die Lebensleistung von Werner Philipp«, lobt auch Bezirksbürgermeister Oliver Igel und zitiert Philipp mit dem Spruch »Manche lieben Bier, ich liebe Wasser«. Dessen Beharrlichkeit habe gezeigt, dass Geduld und Hartnäckigkeit auf Dauer eine große Leistung hervorbringen können. »Das ist eine lange, lange Arbeit, die gemacht wurde.« Am Ende habe diese Arbeit zu dieser großartigen Sammlung geführt.

»Hier, wo Flüsse und Seen das Stadtbild prägen, ist der Wassersport in unserer Identität verwurzelt.«

Oliver Igel
Bezirksbürgermeister Treptow-Köpenick

Allerdings rückte Grünau einst in den internationalen Fokus, als 1936 die Olympischen Spiele unter dem Reichskanzler Adolf Hitler an diesem Ort auf dem Wasser ausgetragen wurden. »Hier in Treptow-Köpenick, wo Flüsse und Seen das Stadtbild prägen, ist der Wassersport tief in unserer Kultur und Identität verwurzelt«, sagt der Bezirksbürgermeister.

Ferner verknüpft Igel mit Wassersport Leidenschaft, Gemeinschaft und Zusammenhalt, aber auch Werte, die insbesondere in heutigen Zeiten notwendig seien. So dokumentiert das Museum auch politische Konflikte, wie die historische Verbannung jüdischer Sportvereine während der Zeit des Nationalsozialismus. Doch hier seien auch Erfolge gefeiert, Freundschaften und Identitäten begründet worden. Vor allem jungen Menschen diese Geschichte weiterzugeben, sei ihm besonders wichtig. »Und jetzt ist hier ein moderner, würdiger Ort entstanden.«

So ganz wird die ausgestellte »großartige Sammlung« der langen begeisterten Rede nicht gerecht. Das Museum selbst besteht aus zwei überschaubaren Räumen, im leeren dritten Raum befindet sich hingegen schon das Buffet, wo sich die schnellsten Besucher*innen bereits in eine Schlange reihen. Die Ausstellungsstücke bestehen aus Werkzeugen, mit denen hölzerne Boote erschaffen wurden, Souvenirs wie Tassen, Lesezeichen oder Glocken mit dem Logo der Olympischen Spiele 1936, dazu ein Kopf eines Drachenbootes aus dem Jahr 2000 oder rot-weiß gestreifte Badeanzüge für Frauen aus den 1920er Jahren.

»Das private Baden in freier Natur war im Königreich Preußen des 19. Jahrhunderts lange verboten, weil es als sittenwidrig galt«, heißt es in der ausgestellten Erklärung. So durften Berliner*innen nur in öffentlichen Fluss-Badeanstalten baden, streng nach Geschlecht getrennt durch eine Sichtschutz-Konstruktion. Erst im Frühjahr 1907 sei dieses Verbot durch den Polizeipräsidenten von Potsdam aufgehoben wurden, sodass ein Strandabschnitt am Wannsee freigegeben wurde. Die Geschlechtertrennung blieb aber noch ein weiteres Jahr bestehen, auch auf »angemessene Badebekleidung« wurde geachtet.

Kerstin Gießler, Schulleiterin der Flatow-Oberschule, einer auf Sport ausrichteten Schule in Treptow-Köpenick, zeigt sich gegenüber »nd« dennoch begeistert: »Ich bin als Erstes sehr dankbar, dass das Wassersportmuseum in seiner Wichtigkeit diesen würdigen Ort bekommen hat«, sagt sie. Die Umsetzung sei entsprechend den Räumlichkeiten sehr gelungen. Beim Gespräch winkt Gießler drei ehemalige Schüler*innen ihrer Schule zu sich, die an einem Projekt mit dem Wassersportmuseum zusammengearbeitet haben.

Sie haben ein vier- bis fünfminütiges Video im Tiktok-Format gedreht, das hier ausgestellt wurde, erklärt ein ehemaliger Schüler dem »nd«. Allerdings hätten sie das Video bei ihrem Rundgang durch das Museum noch nicht gefunden. Im Video hätten sie über ihre Leidenschaft zum Wassersport, über die Sportschule und über ihre Erfolge gesprochen. Das sei für Jüngere interessant, aber auch für die Älteren, erklärt der Schüler. »Dass sie halt sehen, die Jugend ist immer noch sehr engagiert und auch gefördert von der Sportschule. Vor allem hier im Bereich Grünau und Treptow-Köpenick.« Auf der Dahme, dem Fluss direkt neben dem Wassersportmuseum, seien die Schüler*innen schon unzählige Regatten gefahren.

Dass das Museum erst im September die Türen für alle Besucher*innen öffnet, war nicht so geplant. »Das ist die Ironie des Ganzen!«, lacht Oliver Igel, Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick. Denn ursprünglich hätte das Wassersportmuseum Ende Mai eröffnet werden sollen. Ausgerechnet wegen eines Wasserschadens musste dies jedoch verschoben werden.

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