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UN-Gebäude bombardiert
In der ehemaligen UNRWA-Schule haben palästinensiche Geflüchtete Schutz gesucht
Der Unmut wird immer deutlicher, der Tonfall härter. In Israel gehen immer wieder Tausende, manchmal auch Hunderttausende auf die Straße, um für einen Gefangenendeal, einen Waffenstillstand zu demonstrieren. Zuletzt hat man das in dieser Massivität im Zusammenhang mit einem Krieg nach den Massakern in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila im Libanon Anfang der Achtzigerjahre gesehen. Nun wollen die Menschen einfach nur noch, dass die Geiseln oder ihre Überreste aus dem Gazastreifen nach Hause kommen, der Krieg vorbei ist. Denn die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen sind enorm.
Deutlich frustriert sind auch die Verhandler aus Ägypten und Katar. Vor einigen Tagen warf die ägyptische Regierung Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sogar öffentlich vor, ständig mit neuen Forderungen ums Eck zu kommen, und damit den Krieg in die Länge zu ziehen.
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Angriff auf UN-Einrichtung
Denn nach einem baldigen Kriegsende sieht es überhaupt nicht aus. Am Donnerstagmorgen griff Israels Militär eine ehemalige Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA in Nuseirat im zentralen Gazastreifen an, die als Flüchtlingsunterkunft dient. Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums habe sich auf dem Gelände ein Kommandoposten der Essedin-Al-Kassam-Brigaden, militärischer Flügel der Hamas, befunden. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini sprach von mindestens 35 Toten. Ein Sprecher wollte sich allerdings auf Nachfrage nicht dazu äußern, ob es sich dabei um Zivilisten handelt. Und auch Uno-Sprecher Stéphane Dujarric beantwortete die Frage nicht, ob sich auf dem Gelände Funktionäre der Hamas oder ihres militärischen Flügels aufgehalten haben.
Hundertfach sei ihm die Frage schon gestellt worden, so Dujarric; zuständig sei aber UNRWA. Grund für die vielen Anfragen: Die Opferzahlen im Gazastreifen lassen sich nicht überprüfen, werden vom Gesundheitsministerium der Hamas, dessen Daten von der Uno und der palästinensischen Regierung in Ramallah übernommen werden, auch nicht nach Kombattanten und Zivilisten aufgeschlüsselt. Und UNRWA selbst steht nach wie vor in der Kritik.
Internationale Kritik
International verurteilten viele Regierungen den Militärschlag, forderten erneut einen Waffenstillstand und den Schutz von Zivilisten. Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell zeigte sich »empört« und erklärte im Onlinedienst X, die »Missachtung der Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts, insbesondere des Schutzes von Zivilisten, kann und sollte von der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert werden«.
Doch aus der US-amerikanischen und vielen EU-Botschaften heißt es, man beobachte sehr genau, was UNRWA tue: Es gilt als sicher, dass einige ehemalige Beschäftigte des Hilfswerks am Massaker vom 7. Oktober 2023 beteiligt waren. Und dass die Hamas immer wieder auch UN-Einrichtungen als Basis oder Lagerstätte für Waffen benutzt. Im Raum steht der Vorwurf, dass UNRWA nichts dagegen tue. Hochrangige Mitarbeiter der Organisation halten dagegen, dass man nahezu keine Möglichkeiten habe, dagegen anzugehen. Das einzige, was man tun könne, sei, die Arbeit einzustellen.
Freies Geleit für Hamas-Chef Sinwar
Gemacht hat man das tatsächlich schon einmal, in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon: Dort hatten sich Kämpfer der Hamas während einer bewaffneten Auseinandersetzung mit der Fatah im Herbst 2022 in UNRWA-Büros verschanzt. Nach einigen Wochen musste die Uno dann allerdings die Arbeit wieder aufnehmen. Die Folgen für die Menschen waren schlicht zu drastisch.
In Kairo versuchen derweil ägyptische und katarische Vermittler weiterhin, einen Waffenstillstand auszuhandeln – in einer Situation, in der eine Vielzahl von oft widersprüchlichen Aussagen im Raum steht. So gab das Hamas-Politbüro bekannt, man sei dazu bereit, den Friedensplan von US-Präsident Joe Biden zu akzeptieren, ohne weitere Bedingungen.
Der israelische Brigadegeneral Gal Hirsch stellte dem Gaza-Chef der Hamas, Jahja Sinwar, freies Geleit ins Ausland in Aussicht.
Der israelische Brigadegeneral Gal Hirsch stellte dem Gaza-Chef der Hamas, Jahja Sinwar, freies Geleit ins Ausland in Aussicht, wenn sich die Hamas zu einer Entmilitarisierung und einem neuen Regierungssystem für Gaza bereitfinde. Die Hamas bestätigte das Angebot. Verteidigungsminister Joaw Gallant indes erklärte, Sinwar sei der »Osama Bin Laden« des Gazastreifens und müsse getötet werden. Galant und Netanjahu stehen jedoch miteinander auf Kriegsfuß; es ist also unmöglich zu sagen, was nun offizielle Linie ist.
In Ägypten ist man derweil stocksauer, und sagt das auch offen. Nicht nur, dassman in den Verhandlungen nicht weiterkommt, israelische Regierungsvertreter behaupten zunehmend, Ägypten tue nicht genug gegen Waffenschmuggel über den Sinai in den Gazastreifen, lasse ihn gar stillschweigend zu. Beides weist die Regierung in Kairo weit von sich. Und tatsächlich hat Ägyptens Militär seit Kriegsbeginn die Kontrollen auf der Halbinsel verstärkt, mit Zustimmung Israels. Denn offiziell ist die erhöhte ägyptische Truppenpräsenz dort eine Verletzung des Friedensvertrags von Camp David.
Planspiele für Nachkriegsordnung
Die offizielle palästinensische Regierung unter Führung von Präsident Mahmud Abbas hofft derweil darauf, nach Kriegsende wieder die Kontrolle über Gaza zu übernehmen. Vertreter der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, deren größte Fraktion die von Abbas geführte Fatah ist, berichten, eine Vielzahl von Funktionären bringe sich schon für Posten im Gazastreifen in Stellung. Bei der palästinensischen Polizei veranstaltet man Planspiele für den Tag X, an dem die palästinensische Regierung nach Gaza zurückkehrt. Nur: Seitdem die Hamas Mitte 2007 in Gaza die Kontrolle übernommen hatte, ist dort eine ganze Generation herangewachsen, die nie direkt mit der Ramallah-Regierung zu tun hatte.
Israels Regierung geht nun davon aus, dass die militärischen Fähigkeiten der Hamas und ihre Strukturen weitestgehend zerstört sind. Prüfen lässt sich das natürlich nicht. Tatsache ist jedoch, dass man nach wie vor keinen tragfähigen Plan für die Verwaltung Gazas nach dem Krieg hat. Vor allem Netanjahu setzt darauf, dass der Landstrich künftig von einflussreichen Großfamilien regiert wird. Problem: Die wollen das nicht, gehören zu unterschiedlichen politischen Lagern. Innere Konflikte seien damit programmiert, warnten die israelischen und palästinensischen Geheimdienste mehrfach.
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