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Ausstellung über Flüchtlinge: Kirchenasyl in Pirna
Nach Verbot durch CDU-Landrat war ein neues Domizil erforderlich
Die Ausstellung »Es ist nicht leise in meinem Kopf«, in der 35 Migranten von ihren Erfahrungen auf der Flucht nach Deutschland und in der Bundesrepublik selbst berichten, wird ab diesem Freitag in der Klosterkirche im sächsischen Pirna zu sehen sein. Die Schau, die von einem ehrenamtlichen Unterstützerkreis aus Schwarzenberg im Erzgebirge konzipiert wurde, hatte ursprünglich anlässlich der Interkulturellen Wochen im Landratsamt des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gezeigt werden sollen. Dort hatte CDU-Landrat Michael Geisler sie allerdings abhängen lassen, kaum dass sie angebracht worden waren. Zur Begründung hieß es, einige zitierte Äußerungen hätten bei Mitarbeitern und Besuchern für eine »aufgeheizte Stimmung« gesorgt und »polarisiert«. Die Entscheidung hatte für bundesweite Resonanz und empörte Reaktionen gesorgt.
»Sie können sich jederzeit abwenden, wenn es ihnen zu schwer ums Herz wird.«
Christina Riebesecker AG Asylsuchende Pirna
Engagierte Pirnaer hatten sich anschließend um ein alternatives Domizil für die Ausstellung bemüht. Sie nicht zu zeigen, wäre »eine Schande für die Region«, heißt es etwa in einer Stellungnahme des Bündnisses Solidarisches Pirna. Christina Riebesecker von der AG Asylsuchende Pirna lobte, in der Ausstellung könnten Geflüchtete »über ihre individuellen Erfahrungen im deutschen Asylsystem berichten, die eben ambivalent sind, geprägt von strukturellem und alltäglichem Rassismus sowie von Hilfsbereitschaft und Offenheit«. Solche Perspektiven seien wichtig. Sich damit auseinanderzusetzen, könne Besuchern auch in Pirna zugemutet werden: »Sie können sich jederzeit abwenden, wenn es ihnen zu schwer ums Herz wird.«
Ein neues Obdach gibt der Ausstellung nun die örtliche Pfarrei St. Heinrich und Kunigunde. Man habe sich in Abstimmung mit den Gremien und der Stadtökumene entschieden, sie in der Klosterkirche zu zeigen, erklärte Pfarrer Vinzenz Brendler. Der Gemeinde sei »bewusst, dass das Thema Migration derzeit sehr aufgeladen verhandelt wird, offene Fragen hat und leider auch stark instrumentalisiert wird, oft auf dem Rücken der geflüchteten Menschen selbst«, heißt es in einer Stellungnahme: »Gerade deshalb halten wir es für absolut notwendig, diese selbst zu Wort kommen zu lassen.« Brendler erklärte, den Schwächsten der Gesellschaft mit einer Ausstellung Gesicht und Stimme zu geben, sei »in einer christlichen Gemeinde nicht nur möglich, sondern auch geboten«. Die Entscheidung der Gemeinde sorgte in den sozialen Medien für viel Lob, aber auch für sarkastische Kommentare mit Anspielungen an die DDR-Zeit. Der Magdeburger Rechtsextremismus-Experte David Begrich etwa schrieb im Kurznachrichtendienst X: »Ausstellungen, die nur in Kirchen gezeigt werden können ... Kommt mir sehr bekannt vor.«
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