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Kita-Streik: Schwarz-Rot poltert und will vors Arbeitsgericht
Verdi kündigt unbefristeten Streik an, eine zeitnahe Einigung mit dem Senat ist nicht in Sicht
Auch wenn Arbeitskämpfe sich mit fortschreitender Zuspitzung durchaus dynamisch entwickeln und die Abwendung des angekündigten Kita-Streiks in Berlin weiterhin bis zum kommenden Montag eine Möglichkeit bleibt: Wer am Donnerstag die Plenardebatte im Abgeordnetenhaus verfolgt hat, kann nur zu dem Schluss kommen, dass dieses Szenario nicht realistisch ist.
Insbesondere die CDU, die die Koalition dominiert und auch in der Angelegenheit des Kita-Streiks die verantwortlichen Senatsverwaltungen für Bildung und Finanzen besetzt hält, hielt ihre ablehnende Position dem Agieren der Gewerkschaft Verdi gegenüber nicht zurück. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch erklärte »Verdis kompromisslose Haltung« für die Situation verantwortlich. Man behalte sich daher vor, rechtliche Schritte einzuleiten. An die möglicherweise betroffenen Eltern gerichtet erklärte Günther-Wünsch: »Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen mit den Eigenbetrieben an Ihrer Seite stehen und eine Betreuung der Kinder ermöglichen.« Vom Berliner Arbeitsgericht hieß es auf nd-Anfrage, ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung sei noch nicht eingegangen. »Ein solcher Antrag im Verfahren des Eilrechtsschutzes wäre das zu erwartende Mittel der Wahl, sollte das Land – etwa gegen die zum Streik aufrufende Gewerkschaft – rechtliche Schritte gegen einen anstehenden Streik ergreifen wollen«, teilte eine Sprecherin des Gerichts mit.
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Die Gewerkschaftsposition war der Sitzverteilung im Abgeorndetenhaus gemäß unterrepräsentiert. Die Forderungen von Verdi belaufen sich auf Entlastungsmaßnahmen für Beschäftigte der Kita-Eigenbetriebe. Konkret soll der Personalschlüssel verbessert werden. Sollten sich Beschäftigte in den Einrichtungen mit einer Unterschreitung der Fachkraft-Kind-Relation konfrontiert sehen, sollen zudem Ausgleichsmaßnahmen greifen, vorzugsweise in Form von Freizeit. Zunächst hatte Verdi die Umsetzung in Form eines Tarifvertrags gefordert. Inzwischen ist die Gewerkschaft davon ein Stück weit abgerückt, spricht nur noch von einer Regelung, »die verbindliche, individuell einklagbare Entlastungsregelungen schafft«.
Gewerkschaft und Senat haben sich mehrfach zu Gesprächen getroffen. Ein letztes Gespräch am Mittwoch war ergebnislos zu Ende gegangen. Verdi sei bereit gewesen, den Beginn des unbefristeten Erzwingungsstreiks zu verschieben, sofern der Senat verbindliche, konstruktive Verhandlungen zugesagt hätte. Der Senat habe diese Chance jedoch verpasst, wollte sich laut Verdi nicht mal darauf festlegen, ob es eine »Belastung der Beschäftigten« gibt. In der Konsequenz seien die Mitglieder ab Montag zum Streik aufgerufen worden.
Günther-Wünsch erklärte dem Abgeordnetenhaus, dass sie gerne über konkrete Inhalte gesprochen hätte. Verdi sei es jedoch nur darum gegangen, wie Verhandlungen zustande kommen könnten. Die Senatorin appellierte an die Verantwortlichen, zu konstruktiven Gesprächen zurückzukehren. Die CDU-Politikerin erneuerte ihr Argument, dass die Umsetzung der von Verdi geforderten Entlastungsmaßnahmen in den landeseigenen Betrieben die Kita-Beschäftigten weiter spalten würde. Der Abstand zu den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten freier Träger wüchse. Um dem Abgeordnetenhaus die Tragweite einer Umsetzung der Gewerkschaftsforderungen zu verdeutlichen, übertrug sie diese auf alle Kitas und errechnete den entsprechenden Personalbedarf. Günther-Wünsch zufolge arbeiteten lediglich 6000 der 31 000 Erzieher*innen in den Eigenbetrieben. Gäbe man den Verdi-Forderungen nach, bräuchte es in allen Kitas zusammengenommen 4750 zusätzliche Stellen.
»Ich sage Ihnen, was da drin steht: verkürzte Betreuungszeiten, geschlossene Gruppen bis hin zu geschlossenen Kitas. Das ist ein vergiftetes Angebot.«
Katharina Günther-Wünsch (CDU) Bildungssenatorin
Günther-Wünsch offenbarte auch Gesprächspunkte aus den Treffen mit der Gewerkschaft. Da Verdi scheinbar selbst wisse, dass die Umsetzung der Maximalforderungen zum Scheitern verurteilt sei, seien Notfallpläne und Konsequenzenmanagement schon mitgeliefert worden. »Ich sage Ihnen, was da drin steht: verkürzte Betreuungszeiten, geschlossene Gruppen bis hin zu geschlossenen Kitas. Das ist ein vergiftetes Angebot«, schloss die Senatorin. Sie sprach davon, dass es an einzelnen Standorten zwar eine enorme Belastung gebe, aber selbst unter Berücksichtigung der Vakanzen durch Beschäftigungsverbote, Langzeitkrankheit oder Elternzeit sei der Personalbedarf zu über 100 Prozent gedeckt.
Rückendeckung erhielt Verdi von der Linke-Abgeordneten Franziska Brychcy. Sicherlich lasse sich der Betreuungsschlüssel nicht von heute auf morgen senken, Entlastungsmaßnahmen in Form von besseren Arbeitsbedingungen ließen sich aber schon umsetzen, sagt Brychcy. Das sei notwendig, um Beschäftigte zu halten und neue Beschäftigte zu gewinnen. Die derzeitige Situation habe einen hohen Krankenstand verursacht und die Teilzeitquote innerhalb von zehn Jahren verdoppelt.
Der SPD-Abgeordnete Alexander Freier-Winterwerb sprach von einer gemeinsamen Verantwortung des Abgeordnetenhauses: »Wir können den Streik nicht auf uns zukommen lassen.« Wenn Entlastung die Richtung sei, in die die Beschäftigten gehen wollen, dann müsse man darüber reden, wie man Entlastungen hinbekäme. Freier-Winterwerb sprach zugleich von Millionen von Defiziten und einer Schieflage der Eigenbetriebe, die die Streiks verursachten. Immer mehr Eltern meldeten ihre Kinder aus den Eigenbetrieben ab. Zu seinem Koalitionskollegen und dem Fraktionsvorsitzenden der CDU Dirk Stettner gewandt erklärte Freier-Winterwerb: »Für uns ist das Streikrecht unantastbar und wir erklären uns solidarisch mit den Beschäftigten.« Stettner hatte zuvor erklärt, es gebe keine Kita-Krise, sondern eine Verdi-Krise. Die Kita-Mitarbeiter*innen würden für Verdi-Ziele und einen vermeintlichen Generalstreik instrumentalisiert. Den Arbeitskampf bewertete der CDU-Politiker als illegitim und unvernünftig, dieser verschärfe die Probleme nur weiter.
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