Wie der Zinseszins funktioniert

Einer Umfrage folgend lohnt sich Geld anlegen nicht. Dabei sind Sparprodukte vergleichsweise simpel und insofern transparent

Geldanlage: Wie der Zinseszins funktioniert

Der Finanzbranche schlägt viel Misstrauen entgegen. Dass sich daran wenig ändert, zeigt seit langem das jährlich erscheinende »Trust Barometer« der Werbeagentur Edelman Smithfield. »Im Vergleich zu anderen Branchen bekommt die Finanzbranche hierzulande regelmäßig besonders schlechte Noten«, heißt es im »Trust Barometer«. Die Konsequenz: Da laufe offensichtlich etwas schief. Die aktuelle Umfrage unter rund 2000 Erwachsenen in Deutschland bringt die wichtigsten Kritikpunkte ans Licht: Die Preise seien zu intransparent, die Unternehmen kümmern sich nicht genügend um ihre Kunden und sie bieten zu riskante Produkte an.

Die Kritik an »zu riskanten Produkten« zielt unter anderem auf Aktien ab, auf die gerade die deutsche Politik ihre Blicke besonders richtet. Mit dem »Generationenkapital« möchte die rot-grün-gelbe Bundesregierung öffentliche Gelder am Aktienmarkt anlegen. Mit der erhofften Rendite an der Börse soll die gesetzliche Rente teilfinanziert werden.

Ein weiteres Problem: Der dementsprechende Gesetzentwurf enthält keine verbindlichen Regeln zum Schutz von Umwelt, Klima und Menschenrechten. »Ölkonzerne und andere Unternehmen, die unsere Klimaziele und die Menschenrechte missachten, könnten daher von den (staatlichen) Investitionen profitieren«, sorgt sich die Umweltorganisation Urgewald. Sie hat eine Petition bei »Campact« auf den Weg gebracht.

Mit dem klassischen Sparen können Sie allerdings ebenfalls in diese Umwelt-Falle tappen, denn Sie wissen nicht, was die Bank mit ihrem Geld tut (außer bei alternativen Instituten wie GLS oder der ethisch-ökologischen Direktbank Ethikbank in Thüringen). Immerhin sind Sparprodukte vergleichsweise simpel und  insofern transparent – so wie es die Verbraucher in der Umfrage von Edelman Smithfield forderten. Vorausgesetzt man versteht den »Zinseszins«.

Geld anzulegen lohnt sich nicht – dieser Meinung ist laut einer Umfrage der Deutsche-Bank-Tochtergesellschaft Postbank immerhin jeder dritte Sparer. Dieser parkt den Großteil seiner Ersparnisse lieber auf dem Null-Zins-Girokonto oder verwahrt es gleich ganz zu Hause. Doch Sparen kann sich trotz niedriger Zinssätze auszahlen. Der Zinseszinseffekt ist dabei ein mächtiger Verbündeter. Er sorgt dafür, dass der Ertrag von Rücklagen mehr ist als nur die Summe aus angelegtem Geld plus Zinsen.

Der Zinseszinseffekt basiert auf einer mathematischen Formel: Der erwünschte Effekt tritt ein, wenn erwirtschaftete Zinsen nicht abgehoben werden, sondern auf dem Sparkonto stehen bleiben. Das Sparguthaben wächst so um den Zinsertrag. Im folgenden Jahr wird das höhere Guthaben inklusive der Vorjahreszinsen verzinst. Und obwohl der Zinssatz gleich bleibt, steigt der Ertrag, da das Guthaben größer ist als im ersten Jahr. Lässt man die Zinsen weiter stehen, wächst das Sparguthaben jedes Jahr stärker und vervielfacht den Zinsertrag.

Der Effekt mag zunächst nicht spektakulär erscheinen, das Ergebnis ist jedoch beeindruckend. Denn das Sparguthaben steigt auf diese Weise exponentiell an: So werden durch den Zinseszinseffekt aus einer Anlagesumme von 10 000 Euro bei einer Verzinsung von 2,5 Prozent binnen zehn Jahren rund 12 837 Euro – ein Plus von rund 28 Prozent.

Die Zeit ist also ein großer Hebel bei der Geldanlage. Auch im Hinblick auf den Sparer: Man sollte früh damit beginnen, Geld und Zeit für sich »arbeiten« zu lassen. So entfaltet der Zinseszins sein volle Kraft erst nach drei, vier Jahrzehnten.

Sie können es ja mal mit einem Festgeldkonto versuchen. Beim Festgeld wird ein Betrag für eine bestimmte Laufzeit zu einem festen Zinssatz angelegt. Am Laufzeitende erhält man die Einlage samt Zinsen und Zinseszins – der Fachbegriff dafür lautet »Thesaurierung«.

Doch Achtung! Nicht bei allen Festgeldverträgen profitieren Anleger automatisch vom Zinseszinseffekt. Es gibt Modelle, bei denen die Zinsen jährlich an den Bankkunden ausgezahlt oder die Zinsen erst am Ende der Laufzeit gutgeschrieben werden. Deshalb raten Verbraucherschützer, dass sich Sparerinnen und Sparer im Vorfeld genau über die Vertragsbedingungen informieren sollten. Auch sonst lohnt das genaue Hinschauen. Selbst wenn sich Zinsen derzeit nur im unteren einstelligen Prozentbereich bewegen, sollte man selbst ihre kleinteilige Wirkung auf die Ersparnisse nicht unterschätzen. Beim Zins wirken Unterschiede »nach dem Komma« auf lange Sicht. Womit die Binsenweisheit einmal mehr bestätigt wird: Kleinvieh macht auch Mist – dank Zinseszins!

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