Berliner sind depressiver als Brandenburger

450 000 Berliner und 260 000 Brandenburger erkrankten laut AOK-Gesundheitsatlas 2022 an Depression

Sonnenuntergang am Klostersee in Märkisch-Oderland – Liegt es an der Natur, dass Brandenburger*innen seltener depressiv sind als Berliner*innen?
Sonnenuntergang am Klostersee in Märkisch-Oderland – Liegt es an der Natur, dass Brandenburger*innen seltener depressiv sind als Berliner*innen?

Rund jede*r siebte Berliner*in war im Jahr 2022 depressiv. In Brandenburg war es jede*r Neunte. Das geht aus den Daten des Gesundheitsatlas der AOK hervor. Die Daten beziehen sich auf ärztliche Diagnosen von 705 000 bei der AOK Versicherten in Berlin und 500 000 in Brandenburg. Wie viele Menschen tatsächlich psychisch krank waren, lässt sich nicht sagen.

Um Rückschlüsse auf die gesamte Bevölkerung ziehen zu können, wurden in einem zusammen vom Wissenschaftlichen Institut der AOK und der Uni Trier entwickelten Hochrechnungsverfahren Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit zwischen AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung herausgerechnet, wie die Krankenkasse schreibt.

In Berlin wurden demnach rund 450 000 Menschen mit Depression diagnostiziert, was mit 13,3 Prozent der Bevölkerung leicht über dem Schnitt von 13 Prozent anderer Großstädte mit mehr als 500 000 Einwohner*innen liegt. In Brandenburg waren es rund 260 000 – gut 11,2 Prozent der Bevölkerung. Allerdings gibt es in der Mark erhebliche regionale Unterschiede. In den Landkreisen Prignitz (14,3 Prozent) und Spree-Neiße (13,8) war der Anteil am höchsten. Am wenigsten von Depression betroffen sind demnach die Bewohner*innen von Potsdam-Mittelmark (9,5) und Märkisch-Oderland. Auch Potsdam (10,2) liegt unter dem landesweiten Durchschnitt.

»Dieses Ergebnis bestätigt den Befund vieler Studien, die gezeigt haben, dass Menschen in Großstädten ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen haben als Menschen, die auf dem Land wohnen«, so Sylva Böhme, Psychologin und Psychotherapeutin bei der AOK Nordost.

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Sowohl in Berlin als auch in Brandenburg werden Beschäftigte in prekären Berufen besonders häufig krankgeschrieben. In der Hauptstadt waren dies vor allem Verkäufer*innen. Auf hundert Beschäftigte kamen in dieser Berufsgruppe 2022 rund 14 Krankmeldungen. Dreimal häufiger als der Berliner Schnitt. Aber auch Beschäftigte in der Heilerziehungspflege und Sonderpädagogik sowie Fahrer*innen im ÖPNV waren überdurchschnittlich häufig von Depressionen betroffen.

In Brandenburg sind es vor allem Fachpfleger*innen – viermal häufiger als der Durchschnitt wurden diese mit 19 Krankmeldungen pro hundert Beschäftigte krankgeschrieben. »Studien haben gezeigt, dass sozial benachteiligte Menschen deutlich häufiger von Depression betroffen sind. Aber auch Einsamkeit, traumatische Lebensereignisse und chronischer Stress sind Risikofaktoren für das Entstehen einer Depression«, erklärt Psychotherapeutin Böhme.

Überregional gleich ist, dass ältere Menschen häufiger an Depression erkranken als jüngere: In Berlin etwa erhielt bei den 30- bis 34-Jährigen jede*r 15. eine Depressions-Diagnose, bei den 80- bis 84-Jährigen mehr als jede*r Vierte. Über alle Altersgruppen hinweg zeigt sich ein starkes Gefälle zwischen den Geschlechtern: Rund jede sechste Frau (16,6 Prozent) erhielt 2022 eine Depressions-Diagnose, aber nur jeder zehnte Mann (9,9 Prozent). »Frauen erkranken häufiger und zum Teil stärker an Depressionen. Aber sie suchen sich auch eher professionelle Hilfe und tauschen sich zu Symptomen aus«, sagt Sylvia Böhme. Außerdem hätten Frauen ein deutlich geringeres Suizidrisiko. »Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, mehr Aufklärung zu psychischer Gesundheit sowie den Risikofaktoren und Symptomen psychischer Erkrankungen zu betreiben. Dadurch könnten psychische Erkrankungen frühzeitiger erkannt – und bestenfalls verhindert werden.«

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