Israels Armee rückt weiter vor

An UN-Mission beteiligte Länder verurteilen Angriffe auf Blauhelmsoldaten im Libanon, Netanjahu fordert ihren Abzug

  • Lesedauer: 4 Min.
Die Soldaten der UN-Mission Unifil sollen die Situation im Südlibanon überwachen.
Die Soldaten der UN-Mission Unifil sollen die Situation im Südlibanon überwachen.

Berlin/Tel Aviv. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den sofortigen Abzug der UN-Beobachtermission Unifil aus der Kampfzone im Süden des Libanon gefordert. Während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem wandte Netanjahu sich mit dieser Forderung direkt an UN-Generalsekretär António Guterres.

»Es ist an der Zeit, Unifil aus den Hisbollah-Hochburgen und Kampfgebieten abzuziehen«, sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros. Er warf Guterres vor, dies zu verweigern und die Unifil-Soldaten damit zu »Geiseln der Hisbollah« zu machen. Israel bedauere es, wenn Unifil-Soldaten versehrt würden, sagte Netanjahu mit Blick auf Vorfälle, bei denen zuletzt Blauhelmsoldaten verletzt worden waren.

Aufgabe von Unifil ist es, die Einhaltung der Waffenruhe nach dem Libanon-Krieg 2006 zu überwachen. Diese Truppe mit mehr als 10 000 beteiligten UN-Soldaten verfügt über kein robustes Mandat. Infolge der Eskalation der Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz sind Hunderttausende Menschen bereits aus dem Süden Libanons und anderen Regionen geflohen.

An der UN-Mission im Libanon beteiligte Länder haben Angriffe auf Blauhelmsoldaten verurteilt und gefordert, dass diese sofort enden müssten. Das Ziel von Unifil sei es, den Südlibanon und den gesamten Nahen Osten zu stabilisieren und Frieden zu bringen. Angesichts der eskalierenden Situation in der Region spiele die Mission eine besonders wichtige Rolle, heißt es in einem Statement, das die polnische Vertretung bei den UN initiiert hat und dem sich 40 Länder angeschlossen haben, darunter Deutschland.

Die Konfliktparteien müssten die Präsenz der Blauhelmsoldaten respektieren und die Sicherheit der Einsatzkräfte zu jeder Zeit gewährleisten, forderten die Unterzeichner des Schreibens vom Samstag. Die Angriffe müssten angemessen untersucht werden.

Nach UN-Angaben wurden am Freitag zwei Soldaten verletzt, als es in der Nähe eines Beobachtungspostens am Unifil-Hauptquartier zu zwei Explosionen kam. Am Donnerstag hatten israelische Truppen den Angaben nach das Hauptquartier beschossen und mindestens zwei Soldaten verletzt.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin brachte in einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Joav Galant nach Pentagon-Angaben seine »tiefe Besorgnis« über die Angriffe zum Ausdruck. Galant erneuerte nach Angaben des Verteidigungsministeriums die israelischen Vorwürfe gegen die Hisbollah, das Umfeld von Stützpunkten der Blauhelm-Mission für ihre Zwecke zu missbrauchen. Er habe Austin zugleich zugesichert, dass das Militär versuchen werde, den Unifil-Truppen und -Stützpunkten keinen Schaden zuzufügen.

Indessen hat Israels Armee die Einwohner weiterer Orte im Süden des Libanons dazu aufgerufen, diese zu ihrer eigenen Sicherheit zu verlassen, und in Richtung Norden zu fliehen. Der israelische Armeesprecher veröffentlichte in arabischer Sprache auf der Plattform X einen entsprechenden Aufruf. Dort wurden Orte in der Nähe der israelischen Grenze genannt, aber auch etwas weiter nördlich im Libanon.

»Die Aktivitäten der (libanesischen Schiitenmiliz) Hisbollah zwingen die israelische Armee, gegen sie aktiv zu werden«, hieß es weiter in der Mitteilung. Die Menschen wurden aufgerufen, sofort ihre Wohnorte zu verlassen und sich nördlich des Awali-Flusses zu begeben. Dieser liegt etwa 60 Kilometer von der Grenze zu Israel entfernt.

Kämpfer der Hisbollah und israelische Truppen liefern sich weiter direkte Gefechte im Süden des Libanon. Israelische Soldaten hätten versucht, in den Ort Ramja im Grenzgebiet einzudringen, teilte die Hisbollah mit. Der Hisbollah-nahe Fernsehsender Al-Majadin berichtete, israelische Soldaten hätten sich in Ramja hinter einem Posten der UN-Beobachtermission Unifil versteckt. Israel wirft der Miliz dagegen vor, Posten der UN-Soldaten als Schutzschilde zu missbrauchen.

An Israels Bodenoffensive im Libanon sind bisher vier israelische Divisionen beteiligt. Deren Stärke und die Zahl der Truppen, die in das Nachbarland einmarschiert sind, hält Israel geheim. Bisher scheinen sie die Demarkationslinie an vier verschiedenen Abschnitten im Grenzgebiet überquert zu haben oder dies zu versuchen: Im Raum Nakura an der Mittelmeerküste sowie in drei Abschnitten weiter östlich nahe Ramja und in der größeren Umgebung von Bint Dschubail sowie weiter nördlich nahe Udaissa. Mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -