Zwischen Fettabsaugung und Steuernachlass

Kurz vor der US-Wahl kommt das Donald Trump-Biopic »The Apprentice« in die Kinos

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Anwalt des Teufels Roy Cohn (Jeremy Strong, links) protegiert Trump (Sebastian Stan) bis er ganz oben angekommen ist (beide mit Acapulco-Bräune).
Der Anwalt des Teufels Roy Cohn (Jeremy Strong, links) protegiert Trump (Sebastian Stan) bis er ganz oben angekommen ist (beide mit Acapulco-Bräune).

Donald hat keine Ehre.» Das sagt Ivana Trump (Maria Bakalova) zum todkranken Roy Cohn (Jeremy Strong), als der ihr stolz brillantbesetzte Manschettenknöpfe zeigt, die Donald Trump (Sebastian Stan) ihm gerade geschenkt hat. Nur sind das billige Imitate, wie Trumps Ehefrau ihm erklärt. Diese Szene im Film «The Apprentice» ist beispielhaft für Schein und Sein im Leben von Donald Trump, so wie es in Ali Abbasis Biopic in Szene gesetzt wird. Trotzdem steht Roy Cohn, zwielichtiger Staranwalt, während des Abendessens in Donald Trumps schlossartigem Domizil in Florida auf und hält eine, wenn auch kurze, aber positiv beschwörende Rede auf die Zukunft seines Schützlings.

«The Apprentice» erzählt von Donald Trumps Aufstieg zum New Yorker Immobilienmogul in den 70er und 80er Jahren und seiner engen Freundschaft zum umstrittenen New Yorker Anwalt Roy Cohn, der ihm als Mentor den Weg zu seiner Karriere bahnte und den jungen Trump in die New Yorker Gesellschaft einführte. Roy Cohn, Freund und Berater des 1974 zurückgetretenen Präsidenten Nixon, machte sich vor allem als Kommunistenjäger unter McCarthy einen Namen und war als Staatsanwalt maßgeblich an der Exekution der vermeintlichen kommunistischen Spione Julius und Ethel Rosenberg verantwortlich.

Im Film lernt Donald Trump den Promi-Anwalt in einem edlen New Yorker Club kennen, wo der mit den Mafiagrößen Tony Salerno und Carmine Galante, die er auch wirklich vor Gericht vertrat, in einem Hinterzimmer sitzt. Roy Cohn hilft dem damals Anfang 30-jährigen Donald Trump, Druck auf die Stadtplanungskommission auszuüben und ihm in Zeiten knapper Kassen (New York stand damals kurz vor der Insolvenz) eine riesige Steuerbefreiung für den Bau des Hyatt Grand Central-Hotels in Manhattan zu ermöglichen.

Der Film zeigt deutlich, wie Trump durch einen wichtigen Akteur der antikommunistischen und nationalistischen Rechten protegiert wurde.

-

Im Film wird das durch Erpressung ermöglicht, die Cohn professionell und kaltschnäuzig ausführt. Trump steht eher hilflos daneben, lässt aber alles geschehen und macht grinsend seine fetten Gewinne mit unlauteren Mitteln auf Kosten der Allgemeinheit. Kein Wunder also, dass Trumps Team versuchte, den Film verbieten zu lassen, was aber nicht gelang. Eine weitere Szene in «The Apprentice», in der auch viel von der Ehe Trumps mit seiner ersten Frau Ivana erzählt wird, sorgte ebenfalls für reichlich Diskussionsstoff vorab. Denn Trump vergewaltigt hier seine Ehefrau, die das zwar im Scheidungsverfahren behauptete, später aber widerrufen hat.

Auch eine OP-Szene, bei der Trump Fett aus dem Bauch abgesaugt und eine kahle Stelle seiner Kopfhaut herausgeschnitten und hinterher zusammengetackert wird, ist nicht nur extrem eklig, sondern brachte auch Trumps Anwälte auf die Barrikaden. Sonst wird in dem Film Donald Trump im Grunde keineswegs dämonisiert. Er ist ein junger, etwas simpel gestrickter Mann, der mit seinem autoritären Vater, ebenfalls Immobilien-Makler, hadert und versucht, sein Leben als Geschäftsmann zu meistern. Die romantische Liebesgeschichte mit seiner Frau Ivana, der er zu Beginn wie ein Dackel hinterherläuft, ist fast schon niedlich. Wobei der Eheschließung eine ökonomische Aushandlung vorangeht, die noch einmal zeigt, wie sehr sich jeder Aspekt im Leben des Donald Trump dem Geschäftlichen unterordnet.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Mit großen Augen staunt Donald Trump, als er in die verruchte Party-Welt eines Roy Cohn eintaucht, wo alle möglichen Promis und Politiker jede Menge Koks konsumieren, während er selbst seit den 70ern keinen Alkohol trinkt. Das mag auch mit seinem alkoholkranken Bruder zu tun haben, der Anfang der 80er verstarb und dem gegenüber sich der Donald Trump in «The Apprentice» wie ein richtiges Arschloch verhält, anstatt ihm zu helfen.

Zu Beginn des Films wird betont, dass Teile der Erzählung fiktiv seien, welche, wird natürlich nicht erklärt. Andernfalls wäre es auch schwer gewesen, dieses Biopic, das in den USA im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl ins Kino kommt, zu veröffentlichen. Finanziert wurde der Film unter anderem von dem Trump-Freund und Milliardär Dan Snyder, der davon ausging, dass «The Apprentice» ein positives Bild von Donald Trump zeichnen würde. Als er im Februar 2024 eine erste Fassung zu sehen bekam, soll er ausgerastet sein.

Unterm Strich kommt Donald Trump auch gar nicht so schlecht weg. Für ein deutsches Publikum, das gemeinhin weniger über Trumps Werdegang in den 70er und 80er Jahren weiß, ist der Film durchaus interessant. Er zeigt deutlich, wie Trump durch einen wichtigen Akteur der antikommunistischen und nationalistischen Rechten protegiert wurde und während der neoliberalen Wende hin zum Reagonomics-Zeitalter als erfolgreicher Geschäftsmann hochgespült wurde.

Dabei erzählt der Film aber nichts wirklich Neues. Er wird also kaum einen Wähler in den USA umstimmen. Er zeigt einfach nur ganz unverblümt, was Donald Trump eigentlich ist: ein rücksichtsloser, obsessiver Geschäftsmann und ein bildungsferner Simpel, wie er im Buche steht, der genau zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stand, um in Zeiten des politischen Rechtsrucks der 80er bei der Inwertsetzung Manhattans jede Menge Geld zu verdienen.

«The Apprentice – The Trump Story», USA, Kanada, Dänemark 2024. Regie: Ali Abbasi, Drehbuch: Gabe Sherman. Mit: Sebastian Stan, Jeremy Stron, Maria Bakalova. 120 Minunten, Start: 17.10.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!