Union fordert »Stopp illegaler Migration«

Bundestag debattiert nach Kanzler-Erklärung über weitere EU-Asylrechtsverschärfungen

Die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, die Italien am Mittwoch in Albanien begonnen hat, will die Union für die gesamte EU.
Die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, die Italien am Mittwoch in Albanien begonnen hat, will die Union für die gesamte EU.

Thema Nummer eins auf dem diesen Donnerstag beginnenden EU-Gipfel wird die Asylpolitik sein. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat bereits Eckpunkte zur Umsetzung der beschlossenen Verschärfung des EU-Asylrechts vorgelegt. Aus Anlass des Gipfels gab Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch im Bundestag eine Regierungserklärung ab – und brachte es fertig, das Thema Flucht und Migration mit keinem Wort zu erwähnen. Stattdessen erläuterte er ausführlich industriepolitische Vorhaben der Bundesregierung und sicherte der Ukraine wie auch Israel die weitere vollumfängliche Solidarität der Bundesregierung zu, was umfassende Waffenlieferungen einschließt.

Das Thema Asyl kehrte in der folgenden Aussprache im Parlament indes mit voller Wucht zurück. Insbesondere für Unionsfraktionschef Friedrich Merz war das Schweigen des Kanzlers dazu eine Steilvorlage. Das Asyl- und Sicherheitspaket der Ampel, das bereits diesen Freitag im Bundestag verabschiedet werden soll, zerriss er in der Luft.

Total verwässert sei es mittlerweile, so Merz – verschweigend, dass zahlreiche Experten die Gesetzesvorhaben, darunter umfangreiche Überwachungsmöglichkeiten und Leistungsstreichungen für abgelehnte Asylbewerber, im Bundestag als nicht rechtskonform kritisiert hatten. Das hatte einige Änderungen erforderlich gemacht. Merz breitete – wie andere Unionsredner – genüsslich die Nachricht aus, dass Scholz offensichtlich in einer Debatte über die Zustimmung zum Asylpaket in der SPD-Fraktion indirekt gedroht hatte, die Vertrauensfrage zu stellen, sollten die Genossen nicht dafür stimmen.

SPD-Redner widersprachen am Donnerstag dieser Darstellung und entsprechenden Medienberichten. Dagegen hatte der Chef der SPD-Jugendorganisation, Philipp Türmer, Scholz zuvor vorgeworfen, seine Kritiker unter Druck zu setzen. »Ich hoffe, dass sich niemand, der gegen das Paket stimmen will, davon einschüchtern lässt, und kann nur allen sagen: Lasst Euch nicht unterkriegen«, sagte er dem Magazin »Stern«.

Türmer zeigte sich erfreut, dass es in der Fraktion Widerstand gegen das Paket gebe. Denn, so der Vorsitzende der Jusos, es sorge für eine »massive Diskursverschiebung nach rechts, weil der Kampf gegen Islamismus zu einem Kampf gegen Geflüchtete gemacht wird«, die es unterschiedslos schikaniere und kriminalisiere. Das Paket sieht Änderungen im Waffenrecht, mehr polizeiliche Kontrollbefugnisse, Zurückweisungen an den Grenzen und die Inhaftierung von beim Einreiseversuch aufgegriffenen Menschen in Grenznähe vor. Mit Letzterer soll das Prinzip der Verlagerung von Asylverfahren in Lager an den EU-Außengrenzen auch auf nationaler Ebene angewandt werden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schlug derweil gnadenlos rechtspopulistische Töne an. Polen, das deshalb das Asylrecht aussetzen wolle, sehe sich »einer hybriden Bedrohung durch Belarus und Russland gegenüber, die illegale Migranten als Waffen benutzen«, sagte er.

Weiter warf er der Ampel vor, die sogenannte Drittstaatenlösung, also die Verlagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der EU, weiter zu blockieren. Diese wurde am Mittwoch auch von Griechenland gefordert, nachdem Italien mit der Umsetzung eines entsprechenden Abkommens mit Albanien begonnen hat. In Albanien werden seit Mittwoch Geflüchtete interniert, die geringe Bleibechancen haben. Für CDU und CSU ist das Vorgehen der postfaschistischen Regierung in Rom in dieser Angelegenheit beispielhaft.

Dagegen rügte Dobrindt die Ampel für ihr vermeintliches Versagen, postulierte, sie stelle Abzuschiebenden Pflichtverteidiger, obwohl es »schlichtweg den Stopp der illegalen Migration« brauche. Denn Deutschland trage die »Hauptlast des europäischen Asylsystems«.

Derweil gerierte sich die Grünen-Abgeordnete Chantal Knopf als Musterschülerin in Sachen Umsetzung von Asylrechtsverschärfungen und warnte wie Dobrindt vor der »Instrumentalisierung von Flüchtenden, die Teil von Putins hybrider Kriegsführung« seien. Gleichwohl müsse die EU stets nach gemeinsamen Lösungen suchen, wobei klar bleibe, »dass wir über Menschen reden«. Es sei auch das Verdienst der Ampel-Regierung, dass sich die EU »nach Jahrzehnten des Streits auf eine Reform des EU-Asylsystems einigen konnte«, betonte Knopf. Die Bundesregierung treibe die »vorgezogene und konsequente Umsetzung« der Reform voran.

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