Demo in Berlin: Für ein Ende der Gewalt in Nahost

Mehrere Tausend Menschen zeigen Trauer über alle Opfern des Krieges und fordern Ende von Waffenlieferungen an Israel

Die Forderungen der Demonstration vor dem Kanzleramt richteten sich an die Bundesregierung.
Die Forderungen der Demonstration vor dem Kanzleramt richteten sich an die Bundesregierung.

Rund 3000 Menschen hatten sich am Freitagabend vor dem Berliner Hauptbahnhof, in der Nähe des Amtssitzes von Bundeskanzler Olaf Scholz versammelt. 30 Friedens- und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, namhafte Hilfsorganisationen wie Care, Medico International und Terre des Hommes, aber auch die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft und lokale Gruppen der Palästina-Solidarität hatten zu einer Kundgebung unter dem Motto »Für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel« eingeladen.

Zahlreiche Teilnehmer'innen trugen Kufiyas bzw. »Palestinenserttücher« und Schilder mit dem Symbol der Melone als Zeichen der Solidarität mit den Palästinensern, da die Frucht die Farben der palästinensischen Flagge hat. Viele Demonstrant*innen forderten auf ihren Plakaten auch die Forderung nach Freilassung der von der Hamas aus Israel in den Gazastreifen entführten Geiseln. Auf einen Plakat war auch »Free Gaza from Hamas« und »Unterstützung der israelischen Opposition« zu lesen.

Es war am Freitagabend keine der Kundgebungen, auf der lediglich die Politik der israelischen Regierung angeklagt wurde. Das war auch im Aufruf klar formuliert: »Wir verurteilen alle Kriegsverbrechen in diesen Krieg, sowohl die der Hamas und anderer palästinensischer Gruppen, als auch die der israelischen Regierung.«

Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, sich »mit allen Mitteln für einen sofortigen und umfassenden Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien einzusetzen«. Zudem fürften »keine Rüstungsgüter an Israel« geliefert werden, wenn »die Gefahr besteht, dass diese völkerrechtswidrig eingesetzt werden«. Weiter wird im Aufruf von der Ampel verlangt, sich »im Sinne des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs mit aller Kraft für ein Ende der illegalen Besatzung, des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus und der Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland« einzusetzen. Weiter fordern die Aufrufer*innen: »Schützen Sie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland: Der Schutz vor Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus darf nicht gegen das Recht auf friedlichen Protest ausgespielt werden.«

So divers wie der Kreis der Aufrufer*innen waren auch die Botschaften der Redner*innen. Von der Linken war sichtbar insbesondere der Bezirksverband Berlin-Neukölln vertreten, in dem viele Genoss*innen mit Migrationsgeschichte aktiv sind. Zwei ältere Männer trugen ein Transparent mit dem Logo der globalisierungskritischen Organisation Attac und der Parole »Schwerter zu Pflugscharen«.

Mehrere junge Menschen trugen Plakate, auf denen der südafrikanische Anti-Apartheid-Aktivist und Bischof Desmond Tutu zitiert wurde: »Wer in der Situation der Unterdrückung schweigt, steht auf Seiten der Unterdrückung.« Gemeint war die Unterdrückung der Palästinenser durch den istraelischen Staat.

Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, ging in ihrer Rede auf die Situation der Journalist*innen in Israel und Palästina ein. Sie betonte, in Israel hätten kritische Medienvertreter bislang immer wieder zu Kriegsverbrechen der eigenen Streitkräfte recherchieren und darüber berichten oder die Politik der Regierung in Tel Aviv kritisieren können. »Zunehmend werden aber auch Journalist*innen in Israel vor Gericht gezerrt«, beklagte Duchow.

In Gaza und der Westbank war die Lage für Journalist*innen schon immer katastrophal. Sie wurden von den Machthabern, sowohl der Hamas als auch der Fatah, als Feinde betrachtet. Mit dem aktuellen Krieg habe sich ihre Situation extrem verschlechtert, so Duchrow. Das zeige allein die Tatsache, dass seit dessen Beginn mehr als 140 Journalist*innen getötet worden sind.

Duchow kritisierte auch das Verbot des arabischen Senders Al Jazeera in Israel. Die Kritik bedeute aber keineswegs, dass man mit dem Programm des Senders einverstanden sei, setzte sie hinzu. Doch Pressefreiheit ergebe nur Sinn, wenn es möglich ist, Meinungen zu verbreiten, mit denen man nicht einverstanden ist. Rechte Regierungen in aller Welt schränken die Pressefreiheit ein.

Darauf, dass in Israel aktuell zwei Parteien Teil der Regierung sind, die sich auf den Kahanisimus stützen, eine in Israel lange Zeit verbotene völkische Strömung, machte Deborah Feldman aufmerksam. Die aus den USA stammende jüdische Autorin kritisiert die israelische Regierung und ihre Kriegführung, aber auch die deutsche »Staatsräson« der bedingungslosen Solidarität mit Israel immer wieder scharf.

»Die rechtsradikale Regierung in Israel bekommt jedwede Unterstützung von der gesamten deutschen Parteienlandschaft«, sagte Feldman. Tatsächlich geriert sich gerade die AfD als Freundin Israels. Gleichwohl wurde in Feldmans Rede die Grenze zwischen notwendiger Kritik an der rechten israelischen Regierung und einer Infragestellung des Staates Israel nicht immer deutlich.

Während der Bundesverband der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinte KriegsdienstgegnerInnen zu den Organisationen gehört, die zur Demo aufgerufen hatte, distanzierte sich die Spitze ihres Berlin-Brandenburger Landesverbandes davon und zeigte sich gar »beschämt« von der Beteiligung der DFG/VK im Bund. »Der Aufruf benennt nicht die Kriegsursache: Den antisemitischen Terror gegen die Bevölkerung Israels«, begründete Sprecherin Toni Schmitz gegenüber »nd« dies. In seiner Stellungnahme unterstellt der DFG/VK-Landesverband den Aufrufenden gar »Israelhass«. Es fehlt darin indes jeder Hinweis auf die Politik der extrem rechten israelischen Regierung und israelische Kriegsverbrechen.

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