Wohlgemut in der Betreuungskrise

Sarah Yolanda Koss über die Situation in den Kitas

Ein Warnstreik der Kita-Eigenbetriebe in Berlin.
Ein Warnstreik der Kita-Eigenbetriebe in Berlin.

Hänschen klein, ging allein, in die weite Welt hinein – weil es in Deutschland keinen Ausblick auf einen Kita-Platz hatte. 306 000 Plätze fehlen laut einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (DW). Ja, die Lücke hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwas verkleinert. Viel voran geht aber trotzdem nicht, bemängelt das DW. Das hängt wiederum mit dem Fachkräftemangel zusammen. 125 000 Stellen sind in den Kitas laut Paritätischem Wohlfahrtsverband bundesweit unbesetzt. Deswegen kann ein Fünftel der Betreuungsplätze nicht belegt werden.

Die gute Nachricht: Das ist auch der Ampel nicht entgangen. Deswegen änderte sie vergangene Woche das Kita-Qualitätsgesetz, um künftig das Geld für die Kinderbetreuung vor allem für Erhalt und Gewinn von Personal zu nutzen – zumindest im Westen. Im Osten, wo es bereits genug Plätze gibt, soll mit dem Geld die Qualität der Kitas verbessert werden.

Wenn dieser Missstand bereits umfassend bekannt ist und sogar bereits Maßnahmen dagegen ergriffen werden – wieso fließen diese Überlegungen so wenig bei anderen Krisenherden mit ein, frage ich mich. Die fehlenden Kita-Plätze könnten ein wichtiger Faktor in der Bürgergeld-Debatte sein. Viele Menschen können nachweislich wegen Betreuungspflichten nicht arbeiten. Wie wäre es also, sich darum zu kümmern, anstatt unnütze Sanktionen einzuführen? Die Kita-Plätze spielen auch eine große Rolle im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Warum nicht das Thema mit vereinten Kräften angehen, anstatt immer spätere Rentenantritte zu diskutieren? Ganz zu schweigen vom Thema Geschlechtergerechtigkeit.

Klar, Kita-Plätze sind kein Allheilmittel. Aber in der Forschung lautet das Trendwort seit Jahren »Interdisziplinarität«. Verschiedene Fachrichtungen arbeiten gemeinsam an einem Thema, um die Expertise voranzutreiben. Zuweilen würde man sich das von hiesigen Sozial- Finanz- und Familienministerien auch wünschen. Dann könnte Hänschen vielleicht künftig wohlgemut im Morgenkreis sitzen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -