Zahlungsstopp gefordert: FDP diffamiert Seenotretter

Liberale fordern Ende staatlicher Zuschüsse

Geflüchtete in einem Holzboot auf dem Mittelmeer – allein im vergangenen Jahr starben mindestens 1600 Menschen bei dem Versuch, von Nordafrika auf dem Seeweg nach Europa zu gelangen.
Geflüchtete in einem Holzboot auf dem Mittelmeer – allein im vergangenen Jahr starben mindestens 1600 Menschen bei dem Versuch, von Nordafrika auf dem Seeweg nach Europa zu gelangen.

Verbal ist auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im vergangenen Jahr auf Distanz zur staatlichen Bezuschussung ziviler Initiativen gegangen, die Geflüchtete aus Seenot retten. Auf ihn beruft sich nun die FDP – und macht Druck, die Beihilfen zu streichen. Fraktionschef Christian Dürr forderte dies gegenüber »Bild am Sonntag«: »Es gab aus dem Bundestag die klare Ansage, dass es dafür keine Steuergelder mehr gibt. Ich erwarte, dass der Wille des Parlaments ab sofort respektiert wird.«

Allerdings war die Unterstützung privater Rettungsorganisationen 2022 von allen Ampel-Fraktionen im Bundestag beschlossen worden. Entsprechend wies die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann die Forderungen am Montag zurück. Auch eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erinnerte an den Bundestagsbeschluss von 2022. Ein neuer Beschluss zur Sache sei ihr nicht bekannt, sagte sie.

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Die Haushälter im Bundestag hatten 2022 entschieden, dass Seenotrettungsvereine von 2023 bis einschließlich 2026 jährlich mit bis zu zwei Millionen Euro unterstützt werden sollen. Der wesentliche Grund: Es gibt im Mittelmeer seit Langem keine staatliche Seenotrettungsmission mehr.

Die Außenamtssprecherin sagte, die Mittel würden wie vom Bundestag beschlossen zur Verfügung gestellt und trügen zur Rettung von Menschenleben bei. Nach ihren Angaben werden aktuell die Organisationen SOS Humanity, Sea-Eye, Resqship und die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio für die Versorgung von Schutzsuchenden in Italien gefördert. SOS Humanity erhielt laut Auswärtigem Amt dieses Jahr Zusagen über 492 000 Euro, Sea-Eye über knapp 394 000, Resqship über 100 000 und Sant’Egidio über 500 000 Euro.

Lukas Kaldenhoff, Sprecher von SOS Humanity, kommentierte, die FDP-Äußerungen wirkten wie »Wahlkampfgetöse«. Die Unterstützung der Seenotrettung mache in diesem Jahr »nur 0,09 Prozent des Budgets des Auswärtigen Amts für humanitäre Hilfe aus – ein verschwindend geringer Anteil«. Anna Simitchieva von Resqship rechnete vor, dass ein Einsatz des von ihrer Organisation betriebenen Segelschiffs »Nadir« pro Tag 24 000 Euro koste. Die Zuschüsse deckten also nur einen Bruchteil der Ausgaben. Allein in diesem Jahr starben mindestens 1618 Menschen beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen.

»Die sogenannten Seenotretter sind nichts weiter als staatlich geförderte Schleuser unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe.«

Christoph Meyer Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion

Die FDP will weiter auf ein Ende der Finanzierung drängen. Ihr Fraktionsvize Christoph Meyer sagte der »Welt«. »Die sogenannten Seenotretter sind nichts weiter als staatlich geförderte Schleuser unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe, die sie für ihre Zwecke missbrauchen – so werden alle aufrichtigen Hilfen diskreditiert.«

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