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Berliner Trostfrauenstatue: Ari klagt vor Gericht
Der Korea-Verband leitet rechtliche Schritte für den Erhalt der Trostfrauen-Statue ein
Ari zieht sich warm an. Für die bronzefarbene Friedensstatue namens Ari an der Bremer Straße/Ecke Birkenstraße im Ortsteil Moabit kehren ungemütlichere Zeiten ein. Auf den heißen Sommer der Demonstrationen, über 3000 gesammelter Unterschriften aus der Nachbarschaft und einem Mehrheitsbeschluss aus der Bezirksverordnetenversammlung, die allesamt für den Erhalt der Friedensstatue sind, folgt der Herbst der Entscheidungen. Ari sitzt nun auf einem wackligen Stuhl.
Streit um Recht und Gerechtigkeit
Denn die vom Korea-Verband aufgestellte Statue war bis zum 28. September vom Bezirksamt nur geduldet. Ein im August gestellter Antrag auf Verlängerung wird laut Aussagen des Verbands vom Bezirksamt nicht beantwortet. Stattdessen fordert das Bezirksamt den Verband auf, die Friedensstatue bis zum 31. Oktober zu entfernen. Sollte dies nicht geschehen, muss der Verband 3000 Euro zahlen. Nun hat der Korea-Verband einen Eilantrag vor dem Berliner Verwaltungsgericht eingereicht, um den Abbau des Denkmals zu verhindern.
Seit Ari 2020 in Moabit aufgestellt wurde, sorgt das Mädchen in koreanischer Tracht neben einem leeren Stuhl für Tumult. Sie erinnert an schätzungsweise 200 000 Mädchen und junge Frauen aus ostasiatischen Ländern wie Korea, Japan, Taiwan, Indonesien und anderen, die als »Trostfrauen« bezeichnet werden. Der Begriff ist ein Euphemismus für versklavte Zwangsprostituierte, die während des Pazifikkrieges im Zweiten Weltkrieg von Soldaten der japanischen Armee vergewaltigt wurden. Zu dieser Zeit war Korea eine Kolonie Japans.
Seit der Errichtung des Denkmals versucht die japanische Regierung Einfluss auf die Bildungsarbeit des Korea-Verbands und die Berliner Politik zu nehmen, um die Trostfrauen-Statue entfernen zu lassen. Das »nd« berichtete über mehrere Vorfälle. Die Argumention seitens der japanischen Botschaft und des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) lautete, dass eine »einseitige Darstellung« nicht mehr stattfinden dürfe. Das Land Berlin teilt nach eigenen Angaben die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, dass der japanisch-koreanische Konflikt um die Trostfrauen-Frage mit einer Vereinbarung zwischen Japan und Korea im Jahr 2015 endgültig gelöst sein sollte.
Eine Sprecherin des Bezirksamts Mitte sagt »nd«, dass es für eine dauerhafte Aufstellung eines »Kunstwerks im öffentlichen Raum« wie Ari ein öffentliches Wettbewerbsverfahren brauche, dessen Kriterien die zuständigen Ebenen vom Bezirk bis zum Bund vorgeben müssten. Außerdem ginge es darum, eine »rechtskonforme« Möglichkeit zu finden, die Friedensstatue zu erhalten, wie sich der Pressemitteilung des Bezirks vom 25. September entnehmen lässt. Eine Antwort des Rechtsamts auf eine Anfrage zur Akteneinsicht, die »nd« vorliegt, zeigt, dass es kein Rechtsgutachten gibt, das die Entfernung der Friedensstatue fordert. Das Rechtsamt habe in der Sache lediglich beraten.
Die Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte schreibt, dass es weiter unklar bleibe, warum das Bezirksamt zur Entfernung der Friedensstatue »rechtlich gezwungen« sei, wie unter anderem Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) sagte. »Die einzige uns bekannte Regel ist eine, die erst im Juni 2024 durch die Bezirksbürgermeisterin in der Fachkommission für Kunst am Bau und im Stadtraum (KIST) verfestigt wurde, nachdem die Proteste zum Erhalt der Friedensstatue begannen«, heißt es in einer Mitteilung aus dem September. »Da es kein einsehbares Rechtsgutachten gibt, bleibt die rechtliche Argumentation weiterhin nicht nachvollziehbar, da auch in Mitte mehrere Kunstwerke im öffentlichen Raum gegen diese Regel verstoßen«, schreibt die Linksfraktion ferner.
Museum der Trostfrauen
Dem Vorschlag des Bezirksamts, Ari an einen alternativen Standort umzuziehen, nämlich eine öffentlich zugängliche, aber private Fläche, will der Korea-Verband nicht zustimmen. Grund dafür ist, dass Ari derzeit nur wenige Meter entfernt vom Museum der Trostfrauen sitzt. Das Museum in der Quitzowstraße ist dienstags und sonntags kostenfrei besuchbar. Multimedial erzählt es nicht nur die Geschichte der Trostfrauen, sondern auch die Geschichte der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Krieg und welchen Einfluss internationale Politik auf die Erinnerungspolitik genommen hat und weiterhin nimmt.
Diverse Quellen, wie Akten des japanischen Militärs, Zeug*innen-Aussagen von »Trostfrauen« oder Soldaten, die das Museum beherbergt, lassen sich vor Ort einsehen. Ein Foto einer Liste aus einem Bordell zeigt beispielsweise, welche »Attribute« Soldaten für die Zwangsprostituierten wählen konnten: Zum Beispiel, dass diese 14 Jahre oder jünger sein sollten. Auch zur Geschichte der Wehrmachts- und KZ-Bordelle informiert das Museum.
Trotz der Schwere der Gewaltgeschichte ist das Museum auch für junge Menschen einen Besuch wert. Die Vorsitzende des Korea-Verbands Nataly Jung-Hwa Han zeigt verschiedene Kisten, die von Jugendlichen im Museum gefertigt wurden und patriarchale Gewalt thematisieren. »Ari ist über die japanische und koreanische Geschichte hinweg bedeutend«, sagt sie »nd«. Denn sie erzähle grundsätzlich von kolonialer Unterdrückung und der Aufarbeitung der Geschichte, die sich auch am Beispiel der Türkei und dem Genozid an den Armenier*innen zeige, sagt sie. Am 30. Oktober organisiert der Korea-Verband eine Demonstration auf dem Unionsplatz für den Erhalt der Friedensstatue. Auch für die Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November ist Unterstützung geplant: »Wir werden Ari in einer Mahnwache die ganz Nacht beschützen«, sagt Han.
Der Korea-Verband ruft für Spenden zum Erhalt der Friedensstatue auf Betterplace auf.
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