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Christian Lindner: Drohen und weitermachen
Die Steuerschätzung hat an den Konflikten der Ampel nichts geändert
So ist es seit Jahren: Wenn die Steuerschätzung bekannt gegeben wird, rufen Unternehmerverbände nach Steuersenkungen, Gewerkschaften nach einer Reform der Schuldenbremse, und Finanzminister Christian Lindner (FDP) erteilt jeglichen »Ausgabenwünschen« eine Absage. Doch eine Sache ist dann doch ungewöhnlich: Obwohl das Wirtschaftswachstum noch geraume Zeit weiter lahmen wird, erwarten die Schätzer für den Bund etwas höhere Einnahmen. Die Finanzlage ist offensichtlich nicht so schlecht wie die seit Monaten von Wirtschaftsführern, aber auch vielen Politikern verbreitete Stimmung. Das dürfte vor allem am erstaunlich robusten Arbeitsmarkt liegen, was 1:1 den öffentlichen Kassen zugutekommt, denn normale Beschäftigte haben als Vermögende kaum Möglichkeiten, sich vor dem Fiskus arm zu rechen.
Aber schlechte Stimmung verbreiten gehört nun mal zum Geschäft. So tönt Minister Lindner, 50 Prozent der Probleme in der Wirtschaftspolitik hingen »mit politisch gemachter Unsicherheit« zusammen. Er verlangt daher eine Richtungsentscheidung noch im Herbst. Doch diese Drohung, um seine Vorstellungen von Sozialkürzungen, Steuererleichterungen und Wirtschaftsförderung durchzudrücken, wirkt wenig überzeugend. Der Kitt der Ampel ist ja der, dass ein Bruch der Koalition und vorgezogene Neuwahlen für alle Drei zum Fiasko werden dürften, gerade für die FDP. Daher ist man gezwungen weiterzumachen, auch wenn dabei jeder sein Süppchen zu kochen versucht. Die Steuerschätzung bietet dafür die materielle Grundlage.
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