Unerwünschter Friedensstifter

Die türkische Regierung entlässt mal wieder kurdische Bürgermeister – Ahmet Türk trifft es nicht zum ersten Mal

  • Jakob Helfrich
  • Lesedauer: 2 Min.
Personalie – Unerwünschter Friedensstifter

»Niemals aufgeben«. Diesen Aufruf hatte der gewählte Bürgermeister von Mardin, Ahmet Türk, am Montagmorgen seinem ersten Tweet vorangestellt. Kurz zuvor waren er und zwei weitere Bürgermeister*innen im kurdischen Südosten der Türkei abgesetzt worden.

Für den 82-Jährigen dürfte es nichts Neues sein. Es ist bereits das dritte Mal in Folge, dass der Veteran kurdischer Politik in der Türkei dieses Amtes enthoben und durch einen Zwangsverwalter von Gnaden des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan ersetzt wird.

Unaufgeregt und routiniert rief Türk wenig später die Bevölkerung der Stadt zum Protest auf. Auch die Haftstrafe von zehn Jahren, die gegen ihn verhängt worden ist, scheint ihn nicht aus der Ruhe zu bringen. Schließlich saß er schon fünf Mal aus politischen Gründen hinter Gittern, sogar noch häufiger wurde er verurteilt.

Dass ausgerechnet Türk durch einen Zwangsverwalter ersetzt wird, ist dennoch ein Zeichen in der aktuellen türkischen Debatte über einen angeblich neuen Weg in der Kurdenfrage. Kaum ein Politiker steht so sehr für die Versuche einer politischen Lösung. 1993 und 2013 spielte er eine zentrale Rolle in den Friedensprozessen. Auf die Frage nach der Debatte antwortete Türk am Morgen knapp: »Diese Bilder zeigen deutlich, was mit Normalisierung gemeint ist.«

Doch Türk, dessen Familie diesen Namen im Rahmen der Assimilierungspolitik in den 1930ern annehmen musste, wird sich mit Sicherheit auch diesmal nicht von seinem Weg abbringen lassen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!