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Brandanschlag auf queere Bar in Rostock: Die Regenbogenfeuerwehr
In Rostock demonstrierten über 1500 Menschen nach einer Brandattacke auf die Kneipe »B Sieben«
Rund 1500 Menschen kamen am Montagabend nach Angaben der Polizei in Rostock zusammen, um vor der wachsenden Gewalt gegen queere Personen zu warnen und mehr Schutz für deren Community zu fordern. »Aufgeben ist der Anfang vom Ende und wir werden auf gar keinen Fall aufgeben«, sagte Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke) in einem Redebeitrag während der Demonstration. »Dafür sind wir hier und dafür halten wir zusammen.«
Grund für die Solidaritätsbekundungen: In der Nacht von Samstag auf Sonntag verübten bislang Unbekannte einen Brandanschlag auf die Bar »B sieben«, die als Treffpunkt der queeren Szene gilt. Zeugen beobachteten einen Mann dabei, wie er einen Gegenstand durch das Fenster warf. Die Kneipe befindet sich im Erdgeschoss eines Wohnhauses. Das rechtzeitige Eintreffen der Feuerwehr verhinderte, dass Personen zu Schaden kamen. Doch die Einrichtung der Bar ist größtenteils zerstört. Die Polizei schätzte den Sachschaden zunächst auf etwa 100 000 Euro.
Eine kurzfristig eingerichtete Spendenkampagne erreichte bereits am Dienstag das Ziel von 20 000 Euro. Die Bar bittet auch über diese Spendenaktion hinaus um finanzielle Hilfe »zur Wiederherstellung des ›B sieben‹ und zur Unterstützung unseres Teams«, wie es auf der Webseite heißt.
»Die Möbel mögen hin sein. Was wir uns nicht nehmen lassen, sind unsere Freiheit und unsere Räume.«
CSD Rostock
Schwerer als der materielle Schaden wiegt vermutlich ohnehin das »extreme Gefühl der Unsicherheit«, das durch den Angriff ausgelöst wurde, wie Oberbürgermeisterin Kröger gegenüber dem NDR sagte. »Auch die Menschen, die ein queeres Leben leben, sollen sich in Rostock wohlfühlen«.
Die queere Community Rostocks reagierte energisch auf den Brandanschlag: »Die Möbel mögen hin sein, doch die kann man ersetzen. Was wir uns nicht nehmen lassen, sind unsere Freiheit und unsere Räume. Die Rostocker queere Community bleibt weiter sichtbar und stolz«, schrieb etwa die Rostocker CSD-Initative. Gemeinsam mit anderen Organisationen wie »Rostock nazifrei« fordert sie die Stadtgesellschaft dazu auf, Regenbogenfahnen aus ihren Fenstern zu hängen. Die Rathauschefin Kröger lies bereits am Montagmorgen die Regenbogenflagge über dem Rostocker Rathaus hissen.
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Der Angriff am Wochenende ist der Höhepunkt in einer Reihe von Vorfällen, die gegen queere Personen gerichtet sind – in Rostock und anderen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns. Bereits im September wurde das »B sieben« Ziel eines Brandanschlags, der allerdings deutlich weniger Schaden anrichtete. Auch in diesem Fall wurde noch kein Täter gefasst. Im Oktober verbot die Stadtvertretung Neubrandenburgs das Hissen der Regenbogenfahne vor dem Bahnhof. Die Flagge wurde in der Vergangenheit mehrfach gestohlen und durch Nazi-Abzeichen ersetzt. Nach dem Verbot entwendeten unbekannte erneut eine Regenbogenfahne in der Stadt; diesmal traf es den Verein »queerNB«, der unter anderem eine Demonstration gegen die kontroverse Entscheidung organisiert hatte.
Fast wie eine Vorhersage wirkt in diesem Zusammenhang eine Studie der Hochschule Neubrandenburg aus dem September: Die Arbeit identifizierte Mecklenburg-Vorpommern als »Experimentierfeld der extremen Rechten«, in dem eine Vielzahl extrem rechter Parteien, Vereine und informeller Gruppen aktiv sei. Analysiert wurden die Hansestadt sowie der Landkreis Rostock. Insbesondere im ländlichen Raum habe sich die rechtsextreme Szene stark vernetzt, etwa in völkische Siedlungen. Mit Erstarken dieser Strukturen steige die Bedrohung für zivilgesellschaftlich organisierte Einrichtungen und Einzelpersonen, die sich für Vielfalt, Antidiskriminierung und Geflüchtete einsetzen. Außerdem würden radikale Ideologien im öffentlichen Raum präsenter, dadurch normalisiert. Der Brandanschlag auf das »B sieben« macht deutlich, welche Folgen das hat.
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