Außerirdischer Vulkanismus

Der Jupitermond Io ist der vulkanisch aktivste Körper im Sonnensystem

  • Ilka Petermann
  • Lesedauer: 4 Min.
Jupitermond Io ist vulkanisch sehr aktiv und hat eine außergewöhnlich bunte Oberfläche.
Jupitermond Io ist vulkanisch sehr aktiv und hat eine außergewöhnlich bunte Oberfläche.

Astronomen haben auf dem innersten Jupitermond Io dank hochaufgelöster Bilder der Raumsonde »Juno« einen neuen Vulkan entdeckt. Versteckt hatte sich der Berg allerdings nicht: Mit früheren Aufnahmen, etwa durch die Raumsonde »Galileo« im Jahr 1997, wurde die Gegend in der Nähe des Äquators ebenfalls detailliert kartographiert – sie zeigte jedoch weder größere Strukturen noch Hinweise auf eine bevorstehende erhöhte geologische Aktivität.

Ganz überraschend kommt ein neuer Vulkan allerdings nicht, gilt Io doch als der vulkanisch aktivste Körper im Sonnensystem, wie bereits auf Aufnahmen der Raumsonde »Voyager 1« im Jahr 1979 gezeigt werden konnte. Seitdem durchgeführte Beobachtungen, mit erdgebundenen Teleskopen wie mit Raumsonden, konnten so mehr als 150 aktive Vulkane aufzeichnen.

An der einen Flanke des neuen Vulkans sind in den Aufnahmen großflächige, rötliche Schwefelablagerungen zu erkennen, auf der anderen Seite zwei erstarrte, rund 100 Kilometer lange Lavaströme. Die Ströme bestehen größtenteils aus Silikatmineralen, die mit mehr als 1000 Grad Celsius austreten und an der Oberfläche alles Material auf ihrem Weg verdampfen – gut sichtbar durch glatte, graue Strukturen längs des Lavastroms und runde »Höfe« am Ende der Ströme, wo die Lava zum Stillstand kam.

Die Aufnahmen zeigen zwei rund 100 Kilometer lange Lavaströme.

Wie im Fall des neuen Vulkans lässt sich die geologische Aktivität des Mondes an dessen vielfältiger Oberfläche ablesen. Allgemein ist diese mit wenigen Millionen Jahren recht jung und zeigt so gut wie keine aufgeworfenen Krater, wie sie für Meteoriteneinschläge typisch sind. Ausgeprägte Calderen, kesselförmgie Vertiefungen der Oberfläche, die durch vulkanische Eruptionen oder Einstürze oberflächennaher Kammern enstehen, sind dagegen zahlreich und können mehrere Kilometer tief und Hunderte Kilometer im Durchmesser sein.

Die »Lava«, die aus Ios Vulkanen austritt, besteht größtenteils aus Schwefel und Schwefelverbindungen niedriger Viskosität. Sie kann schnell und weit fließen und so flache, schildartig gewölbte Vulkane hervorbringen (ähnlich den Schildvulkanen der Erde – hier ist es jedoch flüssiges Gestein, Magma, das als Lava an die Erdoberfläche tritt). Die Schwefelverbindungen zeigen ein breites Farbenspektrum: Io folgt damit nicht dem typischen Mondgrau-in-Grau, sondern weist eine ungewöhnlich farbenfrohe Oberfläche auf. Mit Infrarotuntersuchungen konnten darüberhinaus »Hot Spots« nachgewiesen werden, lokal begrenzte Flächen mit extrem hohen Temperaturen von mehr als 1700 Grad Celsius, die sich nicht mit geschmolzenem Schwefel erklären lassen, sondern eher auf flüssige Silikate hindeuten.

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Dass der Jupitermond, in Größe und Masse unserem Erdmond ähnlich, nicht wie dieser kraterübersät und geologisch inaktiv ist, liegt an den enormen Gezeitenkräften des Jupiter, der den Mond auf seiner leicht elliptischen Umlaufbahn solcherart durchknetet und verformt, dass genug Reibungshitze entsteht um eine geologische Aktivität zu entwickeln. Hinzu kommen die Nachbarmonde Europa und Ganymed, deren Gravitation zusätzliche Kräfte ausübt.

Ios Vulkanismus hat damit eine ganz andere Ursache als etwa jener der Erde. Der irdische Vulkanismus ist nicht auf äußere Ursachen zurückzuführen, sondern zeigt die »inneren Werte« unseres Planeten: Primordiale Wärme, die sich aus der Entstehungsphase der Erde gehalten hat, und radioaktive Zerfallsvorgänge (hauptsächlich von Kalium, Uran und Thorium) erzeugen die notwendige Hitze, die Konvektionsprozesse im zähflüssigen Erdmantel (an der Grenze zum Erdkern bis zu 3500 Grad Celsius heiß) und die Plattentektonik hervorruft.

Doch Vulkanismus kann auch dort auftreten, wo man ihn auf den ersten Blick weniger erwartet: auf Eismonden wie Enceladus oder Triton. Äußerlich ewige Eiswelten, reicht die Wärme in ihren Inneren gerade aus, um Gase und flüchtige Stoffe wie etwa Ammoniak oder Salzwasser, vermischt mit Gesteinspartikeln, »vulkanartig« auszustoßen. Der Eis- oder Kryovulkanismus sorgt so auf dem Neptunmond Triton für bis zu acht Kilometer hohe Fahnen aus Stickstoff und Staub. Und mit der Raumsonde »Cassini« wurden im Jahr 2009 auf dem Saturnmond Enceladus, spektakulär im Gegenlicht der Sonne, mehr als 30 Wassereisfontänen ganz unterschiedlicher Größe und Intensität aufgenommen.

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