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Sozialwohnungen in Berlin: Kein Ende der Krise

Die Anzahl der mietpreisgebundenen Wohnungen in Berlin sinkt weiter – der Senat setzt auf Altbekanntes

Europacity in Mitte: eine »coole Location« – nur ohne Sozialwohnungen
Europacity in Mitte: eine »coole Location« – nur ohne Sozialwohnungen

Berlin braucht mehr Sozialwohnungen. Nicht nur, um die mit Wohnungen zu versorgen, die am unteren Ende der Einkommensskala sind, sondern für mehr als 60 Prozent der Bevölkerung. Denn so groß ist der Anteil der Berliner*innen, die theoretisch einen Anspruch auf eine mietpreisgebundene Wohnung hätten. Dem gegenüber steht aber ein stetig sinkendes Angebot: Von den knapp 150 000 mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen aus dem Jahr 2012 sind in ganz Berlin nur noch rund 90 000 übrig – und es werden stetig weniger.

Zwar vermieten zusätzlich dazu die landeseigenen Wohnungsunternehmen 63 Prozent ihrer Wohnungen an Menschen, die die Bedingungen für einen Wohnberechtigungsschein erfüllen, wie Bausenator Gaebler (SPD) in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am Montag betonte. Deswegen müsse man in der Stadt von rund 300 000 Wohnungen sprechen. Aber auch der Senator meint: »Das ist nichts, worauf man sich ausruhen muss.« Der Senat sei bestrebt, den Anteil zu erhöhen.

Mittel der Wahl ist dabei das Modell der kooperativen Baulandentwicklung. Dabei werden Bauherren großer Bauprojekte mit städtebaulichen Verträgen dazu verpflichtet, einen bestimmten Anteil an Sozialwohnungen zu bauen. Aktuell liegt dieser bei mindestens 30 Prozent. Und es sollen mehr werden. Wie der Sprecher für Stadtentwicklung der SPD Mathias Schulz sagte, wolle man den Anteil auf 50 Prozent erhöhen.

In der Vergangenheit kam es bei der Umsetzung des Modells auch zu Problemen. Im Quartier Heidestraße in der Europacity am Hauptbahnhof hätten nach städtebaulichem Rahmenvertrag eigentlich 215 Sozialwohnungen entstehen sollen. Wie der »Tagesspiegel« recherchierte, ließ sich der Senat bei diesem Projekt von dem Investor über den Tisch ziehen. Die Förderung für die beabsichtigten Sozialwohnungen wurde nicht in Anspruch genommen. Stattdessen bietet der Anbieter »Habyt« dort teure möblierte Apartments an. In der Vertragsgestaltung wurde versäumt, den Investor tatsächlich zur Herstellung von mietpreisgebundenen Wohnungen zu verpflichten. Wer für diesen Lapsus verantwortlich ist, wird laut Bausenator Gaebler in einem internen Prozess geklärt. Gaebler sagt aber auch, dass es sich um einen besonderen Fall handle – aus einer Zeit, in der man die Erfahrung noch nicht hatte.

Mittlerweile ist es nach Angaben von Andreas Tied von der für die Vergabe von Förderung verantwortlichen Investitionsbank Berlin (IBB) allerdings soweit, dass private Investoren aktiv nach Förderung suchen. »Die Anzahl der Anträge hat stark zugenommen, auch aus der Privatwirtschaft«, so Tied. Das liegt weniger daran, dass diese ihre soziale Ader entdeckt hätten. Vielmehr sind die Baukosten enorm gestiegen. Nach Angaben von Tied sei eine Kostenmiete von 25 bis 28 Euro erreicht. Unerschwinglich für die meisten Berliner*innen, oder wie Tied sagt: »Diese Miete ist am freien Markt nicht erreichbar.«

Einen grundlegenden Webfehler in der Herstellung von Sozialwohnungen wird aber auch ein Ausbau der Förderung nicht auflösen. Die sichert bezahlbare Wohnungen nur auf Zeit. In der Berliner kooperativen Baulandentwicklung gilt die Bindung für 30 Jahre. Danach gelten die Mietpreisbeschränkungen nicht mehr. Andernorts ist diese Frist länger. In München etwa bleiben geförderte Wohnungen für 40 Jahre in der Mietpreisbindung. Es gibt sogar die Option für 55 Jahre. Zumindest die SPD ist offen für eine Ausweitung. Es sei wichtig, eine längere Bindung zu diskutieren, sagte etwa Matthias Kollatz, baupolitischer Sprecher der Sozialdemokraten.

Über die kooperative Baulandentwicklung hinaus gibt es weiter Möglichkeiten, Bauherren dazu zu bringen, Sozialwohnungen zu errichten. Im sogenannten »Neuköllner Modell« etwa werden im Gegenzug für Abweichungen vom Baunutzungsplan Bauherren dazu verpflichtet, einen Anteil zu errichten. Dies ist nur im Westen der Stadt möglich, da Ostberlin baurechtlich als »unbeplant« gilt und auch nur bei kleineren Bauprojekten. Dennoch, auch an dieser kleinen Stellschraube will der Senat drehen. Man unterstütze solche Vereinbarungen grundsätzlich, sagt Senator Gaebler, und sei gerade dabei, einen Mustervertrag zu erarbeiten, in den die Erfahrungen aus Neukölln eingeflossen seien.

Werden all die Maßnahmen dazu führen, dass es in Zukunft wieder mehr Sozialwohnungen gibt? Vermutlich nicht. Aber immerhin prognostiziert der Bausenator, dass ab 2026 die Anzahl wahrscheinlich gehalten werden kann. Ob Steigerungen möglich sein werden, müsse man sehen.

Die Opposition geht wesentlich weiter. »Wenn man raus will aus dem Schweinezyklus, dann muss man weg von den 30 Jahren und hin zu einer langfristigen Sicherung«, sagt Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus. Denn die auslaufenden Bindungen sind das, was dazu führt, dass es in der Hauptstadt immer weniger Sozialwohnungen gibt.

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