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Brasilien drohte ein neues 1964

Ermittler sehen in Jair Bolsonaro den Kopf hinter Putschplänen nach dem Wahlsieg von Lula

Die brasilianische Bundespolizei will den ultrarechten Ex-Staatschef Jair Bolsonaro wegen versuchten Staatsstreichs vor Gericht bringen.
Die brasilianische Bundespolizei will den ultrarechten Ex-Staatschef Jair Bolsonaro wegen versuchten Staatsstreichs vor Gericht bringen.

Dem früheren Hauptmann fehlte das Heer. Die fehlende Bereitschaft des damaligen Chefs der Teilstreitkraft, General Marco Antônio Freire Gomes, zur Mitwirkung am geplanten Staatsstreich könnte letztlich den Ausschlag gegeben haben, dass die Pläne nicht umgesetzt wurden, Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage im Oktober 2022 im Amt zu halten. Auch Brigadeleutnant Carlos de Almeida Baptista Junior, der die Luftwaffe kommandierte, soll nicht mitgezogen haben.

Das geht aus dem nun nicht länger geheimen, 884 Seiten zählenden Abschlussbericht einer Untersuchung der Bundespolizei zu Putschplänen hervor, die Anfang des Jahres entdeckt worden waren. Im Zuge der Ermittlungen wurden zuletzt auch Beweise und Indizien dafür gefunden, dass die Verschwörer die Ermordung des neu gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, seines Stellvertreters Geraldo Alckmin und damaligen Vorsitzenden des Obersten Wahlgerichts Alexandre de Moraes planten.

Letzterer hat nun als Richter am Obersten Gerichtshof den Bericht an die Generalstaatswaltschaft übergeben, wo ab Montag eine Taskforce damit befasst sein wird und entscheiden muss, ob weitere Ermittlungen erforderlich sind oder Anklagen erhoben werden können. Neben Dokumenten und Dateien mit den Plänen für einen Staatsstreich, dessen juristische Bemäntelung und eine Desinformationskampagne wurden zahlreiche Audio-Botschaften sichergestellt, in denen sich die Beschuldigten über ihre Tatpläne austauschen und dabei Decknamen verwenden.

Vor Gericht gestellt werden sollen 38 Personen, darunter hohe Amtsträger und Offiziere sowie Mitglieder einer Spezialeinheit der Armee. Ganz oben auf der Liste steht Ex-Präsident Bolsonaro selbst. Für die Ermittler steht fest, dass der rechtsextreme Politiker aktiv die Handlungen einer kriminellen Vereinigung plante und steuerte, »die darauf abzielte, einen Staatsstreich durchzuführen und den demokratischen Rechtsstaat zu beseitigen«. Das sei aufgrund von Umständen, die Bolsonaro nicht beeinflussen konnte, nicht verwirklicht worden. Weiterhin werfen sie ihm vor, das Wahlsystem mit Lügen diskreditiert, Militärs für einen Putsch angeworben und ein Dekret vorbereitet zu haben, mit dem der Amtsantritt der legitimen gewählten Regierung im Januar 2023 verhindert werden sollte.

Ein Vorbild dafür in der Historie Brasiliens ist der Sturz des sozialreformerischen Präsidenten Joäo »Jango« Goulart 1964, der zur Errichtung einer 21 Jahre währenden Militärherrschaft in Brasilien führte. Hunderte staatliche Morde an Oppositionellen und weitere schwere Menschenrechtsverletzungen gehen auf ihr Konto. Von Bolsonaro und in Teilen der Streitkräfte wird die rechte Diktatur bis heute als eine Ära von »Recht und Ordnung« glorifiziert, halten sich Vorstellungen von einer Beaufsichtigung der Politik.

Eine Schlüsselrolle spielte 2022 Walter Braga Netto, als Bolsonaros Vize-Kandidat Mitverlierer der Präsidentschaftswahl, der ihm zuvor als Verteidigungsminister gedient hatte. Braga Netto soll die Pläne für den Umsturz bei einem Treffen in seinem Haus am 12. November 2022 abgesegnet haben und für das sogenannte Notstandskabinett vorgesehen gewesen sein, das die Macht an sich reißen wollte. Der frühere Generalstabschef war laut den Ermittlern daran beteiligt, die Chefs von Heer und Luftwaffe unter Druck zu setzen, damit deren Soldaten für den Putsch die Kasernen verlassen. Zählen konnten die Bolsonaristen bei ihren Plänen auf Admiral Almir Garnier Santos. Gepanzerte Fahrzeuge der Marine sollen in der Hauptstadt Brasília dafür bereitgestanden haben.

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