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»Wir sind nicht mehr die Letzte Generation«

Die Klimaschutzgruppe legt ihren Namen ab und kündigt neue Strategien an

»Wir werden nicht mehr bei einer Regierung darum betteln, unsere Forderungen zu erfüllen«, sagt die Letzte Generation zur neuen Strategie.
»Wir werden nicht mehr bei einer Regierung darum betteln, unsere Forderungen zu erfüllen«, sagt die Letzte Generation zur neuen Strategie.

»Wir sind nicht mehr die Letzte Generation« – das verkündete die Umweltgruppe in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag über die sozialen Medien. Konkret heißt das: Sie ist auf der Suche nach einem neuen Namen. Als Begründung führt Sprecherin Carla Hinrichs gegenüber dem »Spiegel« an: »Wir waren die letzte Generation vor den Kipppunkten. Heute können wir nicht mehr sicher sein, dass das stimmt.« Es sei nicht klar, ob inzwischen nicht einige Kipppunkte angestoßen worden sind. Einen neuen Namen hat die Gruppe indes noch nicht bekanntgegeben. Dem »Spiegel« sagte Hinrichs lediglich: »Es gibt konkrete Überlegungen dazu.«

Mit dem Namenswechsel einhergehen soll ein umfassender Strategiewechsel. Auch hier hält sich die Gruppe bedeckt. Die bisher öffentlich bekannten Äußerungen lassen jedoch eine grobe Richtung erkennen. Hinrichs Aussagen im Gespräch mit dem »Spiegel« und eine Videobotschaft von Mitglied Lina Eichler deuten darauf hin, dass die zwischenzeitlich namenlose Gruppe fortan zweigleisig fahren wird.

Erstens könnte sie sich stärker auf Maßnahmen zur Anpassung an die Klimakatastrophe konzentrieren. Man wolle »eine neue Art von Gemeinschaft und Resilienz in die Gesellschaft bringen«, so Hinrichs. »Wenn es im Sommer mehrere Tage über 40 Grad heiß ist, weiß ich im Moment nicht mal, ob neben mir eine Oma wohnt, die vielleicht Hilfe braucht«, sagt die Sprecherin. Damit folgt die Gruppe einem Teil der Klimabewegung, der sich auf einen möglichen Kollaps infolge der globalen Erwärmung vorbereitet. Wenige Tage vor der Ankündigung der Namensänderung hat ein Zusammenschluss verschiedener Akteure bekanntgegeben, dass im August 2025 das erste »Kollapscamp« stattfinden wird. »Der schleichende Kollaps von Ökosystemen und Gesellschaften hat begonnen und wird – früher oder später, ungleichzeitig und ungerecht verteilt – zum unberechenbaren Dauerzustand werden«, heißt es in einem Ankündigungstext. Das Camp soll der Startschuss für eine neue soziale Bewegung sein, mit dem Motto »Für Solidarität und Gerechtigkeit trotz alledem«. Die bisherigen Äußerungen der ehemaligen Letzten Generation deuten darauf hin, dass sich die Gruppe diesem Teil der Bewegung anschließen möchte.

Zweitens will die Gruppe weiterhin protestieren, teilt Hinrichs mit. »Aber Blockaden vor Autos und Flughäfen und Straßen sind erst mal nicht mehr unser Fokus.« In Zukunft gehe es nicht mehr darum, Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erlangen. Genauer wird Mitstreiterin Eichler: »Wir werden nicht mehr bei einer Regierung darum betteln, unsere Forderungen zu erfüllen.« Es ist eine Erkenntnis, die in der Klimabewegung schon einmal für Umwälzungen gesorgt hat. Nach dem enttäuschenden Gipfelprotest gegen die Klimakonferenz im Kopenhagen 2009 wandte sich ein Teil der antikapitalistischen Bewegung »lokalen Energiekämpfen« zu, wie der Politikwissenschaftler Hendrik Sander schreibt. Adressat des Protests waren nun nicht mehr Regierungen, sondern fossile Konzerne. Aus dieser Entwicklung entstand etwa Ende Gelände. Mit Fridays for Future gerieten wieder politische Entscheidungsträger in das Blickfeld des Protests. Extinction Rebellion und auch die Letzte Generation nahmen diesen Fokus auf. Letztere Gruppe scheint davon nun aber Abstand zu nehmen.

Dazu beigetragen hat wohl auch die Erkenntnis, dass die Letzte Generation mit ihrer bisherigen Strategie gescheitert ist. »Wir müssen uns eingestehen, dass der Plan, den wir uns am Anfang gesetzt haben, ausgelaufen ist«, sagte Eichler und ergänzte: »Mittlerweile sitzen wir fast öfter in den Gerichtssälen dieses Landes als auf den Straßen, um zu protestieren.«

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