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CDU will Steuersenkungen durch Kürzungen und Wachstum finanzieren

Auf ihrer Vorstandsklausur in Hamburg will die CDU ein wirtschaftspolitisches Konzept mit dem Titel »Agenda 2030« beschließen

  • Lesedauer: 5 Min.
Vorreiter des nächsten Sozialkahlschlags a la Agenda 2010: CDU-Chef Friedrich Merz (r) und sein Generalsekretär Carsten Linnemann am Freitag auf der Winterklausur des CDU-Bundesvorstands in Hamburg
Vorreiter des nächsten Sozialkahlschlags a la Agenda 2010: CDU-Chef Friedrich Merz (r) und sein Generalsekretär Carsten Linnemann am Freitag auf der Winterklausur des CDU-Bundesvorstands in Hamburg

Die CDU will ihre Pläne für milliardenschwere Steuersenkungen nach der Wahl durch Einsparungen und stärkeres Wachstum finanzieren. Durch die Abschaffung des Bürgergelds und die Einführung einer »neuen Grundsicherung« werde der Haushalt »in Milliardenhöhe« entlastet, heißt es nach AFP-Informationen im Entwurf eines Beschlusspapiers für eine »Agenda 2030« der Partei. Entlastungen brächten demnach auch »eine Begrenzung der Migration« und »Effizienzmaßnahmen in der Verwaltung«.

Vor allem aber würden die CDU-Pläne zur Wirtschaftspolitik »zu mehr Wachstum führen« und Spielräume im Haushalt schaffen, heißt es in dem zwölfseitigen Konzept weiter, das auf einer Klausur des Bundesvorstands am Freitag und Samstag in Hamburg beschlossen werden soll. Als Ziel wird darin ausgegeben, dass das Wirtschaftswachstum auf »mindestens zwei Prozent« steigt. Zugleich bekräftigt die CDU, dass sie an den Verschuldungsvorgaben im Grundgesetz, kurz Schuldenbremse, festhalten will.

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) rechnete im Magazin »Focus« vor, zwei Prozent mehr Wachstum würden 80 Milliarden Euro mehr Wirtschaftsleistung bringen. Dies wären »ungefähr 20 Milliarden Euro an Steuereinnahmen für den Bund, die Länder und die Gemeinden«. Gleichzeitig versprach der CDU-Chef, er werde »keine Schulden aufnehmen für kurzfristige Steuersenkungen«.

Die Höhe erwarteter Einsparungen blieb aber offen und damit auch der mutmaßliche Hauptteil der nötigen Finanzierung. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hatten die Kosten für die schon im gemeinsamen Wahlprogramm mit der CSU enthaltenen Steuerentlastungen auf fast 100 Milliarden Euro beziffert.

»Entgegen jeder Warnung klammert sich die CDU weiter an die Schuldenbremse; damit bleiben die angekündigten Investitionen in Bildung, Sicherheit und Infrastruktur ein leeres Versprechen.«

Stefan Körzell DGB-Vorstand

Zentraler Baustein für die »Wachstumsinitaitive« ist eine schrittweise Senkung der Steuerlast von Unternehmen von heute rund 30 auf 25 Prozent. Zudem will die CDU im Rahmen einer »großen Steuerreform« bis 2029 den Tarif bei der Einkommensteuer abflachen. Der Spitzensteuersatz soll dabei künftig erst ab 80 000 Euro greifen. Der Soli, der inzwischen nur bei höheren Einkommen anfällt, soll ganz gestrichen werden.

Steuerliche Anreize für Arbeit sollen gleichzeitig erhöht werden. Überstundenzuschläge bei Vollzeitbeschäftigten sollen steuerfrei gestellt werden. Rentner, die freiwillig arbeiten möchten, sollen künftig bis 2000 Euro keine Steuern zahlen.

Mit der »neuen Grundsicherung« soll zugleich der Druck auf bisherige Bürgergeldbezieher erhöht werden, eine Arbeit anzunehmen. »Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, obwohl er arbeiten könnte, muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist«, heißt es in dem Beschlussentwurf. Dann müsse »die Grundsicherung komplett gestrichen werden«.

Die Strompreise sollen durch die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden. Bei Autos soll das ab 2035 EU-weit vorgesehene Aus für Verbrennungsmotoren bei Neuwagen rückgängig gemacht werden.

Dies stieß auf Kritik bei den Grünen. »Der Versuch, den Ausstieg aus fossilen Verbrennern zurückzudrehen oder grünen Stahl abzuwickeln, schadet nicht nur der Vorreiterrolle deutscher Unternehmen, sondern gefährdet auch hunderttausende Jobs«, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge der Nachrichtenagentur AFP. Die deutsche Wirtschaft habe längst erkannt, dass »Klimaschutz eine Chance, kein Risiko« sei.

Die Christdemokraten wollen laut ihrer Agenda auch ein Digitalministerium schaffen, das bisher zusammen mit Verkehr in einem Ressort gebündelt ist. Dafür solle an anderer Stelle in der Bundesregierung eingespart werden, die Zahl der Ministerien aber gleich bleiben, heißt es. Zudem will die CDU in der Ministerialverwaltung »mit zehn Prozent weniger Personal auskommen«.

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Die Linke kritisierte, die CDU wolle mit ihren Plänen vor allem Vermögende und Reiche begünstigen: »Menschen ohne Arbeit sollen weniger Geld und Menschen mit Arbeit weniger Rechte haben«, erklärte Parteichefin Ines Schwerdtner. »Statt mit einer Vermögenssteuer die Superreichen an der Finanzierung des Gemeinwesens zu beteiligen, will die CDU ihnen mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlages noch Steuergeschenke machen.«

Scharfe Kritik an der Agenda kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund. »Die Herausforderungen der Zeit löst die CDU mit ihrer Agenda nicht«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. »Beim Bürgergeld zu kürzen, wird keine Fachkraft mobilisieren. Die Drohung, künftig eine wöchentliche anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit einzuführen, ist nichts anderes als eine Attacke auf die Beschäftigten.« Denn zugleich kämen die versprochenen Steuerentlastungen vor allem Spitzenverdienern zugute und würden ein Loch bis zu 100 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt reißen. »Entgegen jeder Warnung klammert sich die CDU weiter an die Schuldenbremse; damit bleiben die angekündigten Investitionen in Bildung, Sicherheit und Infrastruktur ein leeres Versprechen«, sagte Körzell. Wirtschaftswachstum entstehe indes »weder durch Steuergeschenke mit der Gießkanne noch durch verschärften Druck auf Beschäftigte und Arbeitslose«.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte, die »Agenda 2030« enthalte einige kluge Elemente wie die Steuerbefreiung für zusätzliche Einkommen von Rentnern. Sie setze aber auch unrealistische Ziele. »Ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent ist illusorisch.« Fratzscher warnte: »Der Dreiklang von geringeren Steuern, höheren Investitionen und weniger Schulden ist ein Widerspruch in sich und erfordert die Quadratur des Kreises.« AFP/dpa/nd

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