Donald Trump: Böser große Bruder

Christoph Ruf blickt auf die politische Weltbühne und die Amtseinführung des US-Präsidenten Donald Trump

Der designierte US-Präsident Donald Trump
Der designierte US-Präsident Donald Trump

Gut und Böse gibt es im Märchen – und neuerdings auch wieder in der Politik. Nur, dass die Dinge dort noch einfacher sind als bei den Gebrüdern Grimm. Schließlich kann der Wolf ja eigentlich nichts dafür, dass er sich als karnivores Wesen eher fürs Mädchen unter der roten Kappe als für den Kuchen in dessen Korb interessiert. In der Politik wird da nicht so viel differenziert: Putin ist böse, er personifiziert das Böse geradezu. Solange der tatterige Joe Biden an der Macht war, stimmte auch ganz märchenkompatibel der Antipode. Biden gut, Putin böse. So weit, so gut, so schlicht.

Nun könnte man meinen, dass die von der überwiegenden Mehrzahl der Medien hierzulande transportierte Erzählung in dem Maße ins Wanken kommt, in dem Donald Trump sich auch physisch dem Weißen Haus nähert. Dass der Mann nicht nur eine Witzfigur, sondern ein höchst gefährlicher Antidemokrat ist, ist ja selbst hierzulande eine weitverbreitete Erkenntnis, auch wenn man vielen Zeitgenossen regelrecht dabei zuschauen kann, wie es hinter der Stirn rattert. Es ist ja auch schwer auf einen Nenner zu bringen, dass der große Bruder künftig von einem Mann regiert wird, der gerade ein Kabinett aus Betrügern, Verwandten, Vorbestraften und verwandten vorbestraften Betrügern zusammenstellt.

Christoph Ruf

Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.

Ich persönlich bin gespannt, wie lange es noch dauert, bis man wirklich versteht, was es bedeutet, wenn Trump zudem ganz offen damit droht, im Panamakanal »America first« durchzusetzen und sich demnächst Grönland einzuverleiben. Fraglos ist es keinesfalls besser, wie der Antidemokrat Putin ein Nachbarland zu überfallen – aber dass spätestens ab jetzt zwei große Akteure auf der Weltbühne sind, die sich einen Dreck um internationales Recht scheren, sollte eigentlich jeder begriffen haben. Selbst dann, wenn er einen deutschen Pass besitzt und bisher noch nicht mitbekommen hat, dass sich die Diskussionen hierzulande immer weiter von denen im Rest West- und Mitteleuropas entfernen.

Dort brauchte man nicht erst Trump um die banale Tatsache zu begreifen, dass sich hinter dem hohlen Freiheits- und Menschenrechtspathos der USA handfeste Macht- und Hegemonialinteressen verbergen. Wobei die Erkenntnis so kurz nach Silvester natürlich wirklich deprimierend ist, dass es spätestens seit Trump um einen ungeschminkten geopolitischen Machtkampf zwischen China und den USA geht.

Wer am Sonntag den Fehler gemacht, schon vor dem großartigen Axel-Milberg-Tatort den Fernseher anzuschalten, sah zuerst ein Feature über Grönland und die Umtriebe der USA und dann ein Interview mit einem SPD-Politiker, in dem der im Ton der Heiligen Inquisition gefragt wurde, warum die Bundesregierung denn nicht endlich dem Wunsch Trumps nachkomme, dreieinhalb besser fünf Prozent des Haushaltes in Rüstung zu stecken. Widersprüchlich? Nicht doch. SPD-Mann Wolfgang Schmidt, immerhin ein wenig renitenter als der olivgrüne Robert Habeck, antwortet brav, sein Kanzler sei doch schon fast so hörig gegenüber Washington wie die meisten Medien das fordern: »Fast das ganze Flüssiggas, das wir importieren, kommt aus den USA«. Fast die ganzen Waffen, die Deutschland kauft, übrigens auch. Ob die künftig bei der Verteidigung Grönlands zum Einsatz kommen, ist eine spannende Frage.

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