Ausländerbehörden in NRW: Keine Besserung in Sicht

Trotz Personalaufstockung ist es kaum möglich, Termine bei der Behörde zu bekommen

Menschen warten in den frühen Morgenstunden vor der Ausländerbehörde in Duisburg auf einen Termin.
Menschen warten in den frühen Morgenstunden vor der Ausländerbehörde in Duisburg auf einen Termin.

Trotz mehr Personal in der Ausländerbehörde Duisburg und einer weiteren telefonischen Anlaufstelle für Migranten klagen viele nach wie vor über zu wenig Termine, lange Wartezeiten und keine Erreichbarkeit. Wenig getan habe sich, nach dem »wir das erste Mal, im August 2023, vor der Ausländerbehörde in Duisburg-Hamborn demonstrierten«, sagt Ibrahim »Ibo« Özcan von der linken Gruppe »Revolutionärer Jugendbund« im Gespräch mit »nd«. Gemeinsam mit Flüchtlingshelfern und Betroffenen hat er das Bündnis »Yallah Ausländerbehörde«, das die Missstände in Duisburg anprangert, vor knapp zwei Jahren ins Leben gerufen. Im Dezember demonstrierten sie erneut vor der Behörde in Hamborn.

Massive Probleme erkennt auch der Flüchtlingsrat NRW. »Die fehlende Erreichbarkeit und lange Bearbeitungszeiten sind tatsächlich ein verbreitetes Phänomen bei den nordrhein-westfälischen Ausländerbehörden«, erklärt Birgit Naujoks von dem Gremium auf »nd«-Anfrage. Dies sei bei einigen Ausländerbehörden schon seit mehreren Jahren der Fall, »bei vielen hat es sich seit der Corona-Pandemie zugespitzt«. Seither haben viele Kommunen mit der Umstellung auf zentrale Online-Terminvereinbarung die für viele Ausländer barrierefreien »offene Sprechstunden« gekürzt beziehungsweise komplett eingestellt.

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Besonders schlimm ist es laut Öczan in Duisburg-Hamborn und einige Kilometer weiter nördlich in Marxloh – beides Stadtteile mit hohem Migrationsanteil. Dass es nun bei dem Duisburger Behörden-Callcenter Ansprechpartner gebe, die bei einfachen Problemen helfen können, sei »zu wenig bekannt«, sagt der Duisburger.

Wer einen Termin buchen möchte auf der Webseite der Stadt Duisburg, der müsse oft monatelang warten, so die Kritik. Schaut man aktuell auf die Vergabetermine, ist dort bis Ende März alles ausgebucht. Pures Glück also, wer einmal einen zufällig frei werdenden Termin ergattert, könnte man meinen. Dringende Angelegenheiten wie asylrechtliche Klärungen, Visumverlängerungen oder für die Menschen zentrale Passausstellungen werden geschoben.

Die Erfüllung der Anforderungen, die die Ausländerbehörde an Menschen ohne deutschen Pass stellt, scheitert laut Özcan an der Behörde selbst. »Entweder sollte die Ausländerbehörde die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Anforderungen erfüllt werden können, oder sie muss auf die Anforderungen verzichten«, erklärt der Aktivist.

Es ist keine Seltenheit in Duisburg, dass man auf städtische Dienstleistungen zuweilen lange warten muss; aber die Ausländerbehörde, vor allem die Außenstellen im Duisburger Norden, sind ein besonderer Fall. Mails würden spärlich bearbeitet werden, eine telefonische Erreichbarkeit sei kaum gewährleistet, so die Kritiker weiter.

Die Stadt reagiert auf Anfrage so: »Es ist weiterhin auch möglich, die Verlängerung von Titeln online zu beantragen. Dadurch fällt in vielen Fällen die Notwendigkeit eines ersten Vor-Ort-Termins weg.« Die Stadt verweist in ihrer Antwort ferner auf eine Verfahrensumstellung. »Zukünftig werden die Kunden vor Ablauf der Gültigkeit mit einem Terminangebot angeschrieben, so dass die derzeit schwierige Terminsuche entfällt.«

Die Stadt Duisburg hat seit Anfang 2024 29 neue Mitarbeitende eingestellt. Dadurch wurden aber nicht gleichzeitig 29 neue Stellen geschaffen. In den Ausländerbehörden der drei Außenstellen arbeiten derzeit 80 Personen, im Call Center vier und in der Zentrale 73. Gegenwärtig bearbeiten demnach knapp 150 Mitarbeitende aktuell eine Flut an knapp 12 000 Anträgen auf Einbürgerung ab. Hier offenbart sich das Missverhältnis und das Hauptproblem. Der Leiter des Amtes für Integration wiederholt gegenüber Pressevertretern immer wieder, dass die Einarbeitung in das komplexe Rechtsgebiet Zeit benötigt. Die Fluktuation ist in seinem Amt zuletzt hoch gewesen, heißt es aus der Lokalpolitik. Von »chronischer Unterbesetzung« war die Rede.

Der Flüchtlingsrat NRW sieht Gründe für die schwierige Sachlage in den Ausländerbehörden vor allem im Personalmangel. Hinzu komme auch, dass die »Ausländerbehörden durch die Zuständigkeit der Gewährung vorübergehenden Schutzes für ukrainische Kriegsflüchtlinge noch einmal ein großes Aufgabengebiet« dazubekommen haben, so die GEschäftsführerin Birgit Naujoks. »Natürlich hat auch die begrüßenswerte Reform des Staatsangehörigkeitsrechts mit den kürzeren Voraufenthaltszeiten zu einem weiteren Antragsstau geführt«. Sie fordert neben einer besseren Eingruppierung des Personals in Ausländerbehörden auch eine Personalabordnung, um so den Bearbeitungsstau entgegenzuwirken.

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