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Russisch-Iranisches Abkommen: Alles außer Soldaten
Russland und der Iran schließen »umfassendes strategisches« Partnerschaftsabkommen ab
Glaubt man den Beteiligten, geschieht am Freitag »Historisches«, wenn der iranische Präsident Massud Peseschkian nach Moskau kommt, um dort mit seinem Amtskollegen Wladimir Putin ein »umfangreiches« strategisches Partnerschaftsabkommen zwischen der Islamischen Republik und Russland zu unterzeichnen.
Viel ist über das Abkommen nicht bekannt. Es soll 47 Punkte in den Bereichen Technologie und Cybersicherheit, Kampf gegen organisierte Kriminalität und Geldwäsche sowie Umweltfragen umfassen.
Das Abkommen ist auch nicht neu. Das jetzige Dokument, an dem fünf Jahre gearbeitet wurde, sei eine aktualisierte Fassung der Vereinbarung, die es bereits zwischen 2003 und 2013 gab, teilt das iranische Außenministerium mit. Und sie gieße in rechtliche Form, was es seit Langem zwischen den beiden Ländern gab, meinen Beobachter.
Nicht das erste russisch-iranische Abkommen
Beide Seiten schließen nicht zum ersten Mal ein großes Partnerschaftsabkommen ab. Unter der damaligen »reformorientierten« Regierung vereinbarte Teheran eine 25-jährige Partnerschaft mit China und war dafür aus Sicht von Kritikern zu übermäßig vielen Zugeständnissen bereit. Gut möglich, dass auch dieses Mal nicht jeder in Teheran zufrieden sein dürfte.
Russland seinerseits hat bereits ähnliche Abkommen mit der Mongolei, Vietnam und Nordkorea. Vor allem die im vergangenen Juni mit Kim Jong-un beschlossene Vereinbarung sorgte weltweit für Aufsehen. Nicht nur, weil das abgeschottete Nordkorea wieder Aufmerksamkeit bekam und Moskau und Pjöngjang sich nach einer langen Phase lauwarmer Beziehungen wieder annäherten, sondern vor allem wegen des geheimen Zusatzpunktes im Abkommen. Der soll die Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland an die Front geregelt haben.
Teheran schließt die Entsendung von Soldaten aus
Werden nach iranischen Drohnen bald auch Kämpfer aus der Islamischen Republik an der Front im Ukraine-Krieg auftauchen? Nein, sagt Teherans Botschafter in Moskau, Kazem Dschalali. Das Abkommen sehe keine gegenseitige Militärhilfe vor, beschwichtigt Dschalali gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Tass. Der Vertrag werde sich von dem mit anderen Ländern unterscheiden, da der Iran »nicht daran interessiert ist, sich irgendeinem Block anzuschließen«, so der Botschafter.
Die Zusammenarbeit habe vielmehr »Sicherheit und den Kampf gegen den regionalen und globalen Terrorismus« zum Ziel. Schließlich verfügen beide Länder über ausreichend Erfahrung mit Terrorismus. Man wolle keine Gefahr darstellen, verteidigte Außenminister Abbas Araghtschi den Deal.
Iran braucht ausländische Investitionen
Ein wichtiger Aspekt der beiden Sanktionsbrüder dürfte die wirtschaftliche Zusammenarbeit sein. »Das Abkommen ist eine einzigartige Möglichkeit zur Vertiefung der Beziehungen unserer Länder. Indem wir die Zusammenarbeit in Handel und Wirtschaft ausbauen, können wir den feindlichen Sanktionen der USA Paroli bieten«, erhofft sich der iranische Politikwissenschaftler Ruholla Moddaber gegenüber der Tass einen Aufschwung.
Der Iran ist dringend auf Auslandsinvestitionen angewiesen, vor allem in die veralteten Öl- und Gasförderanlagen. Die britische »Times« brachte zudem ins Gespräch, Russland könne dem Iran bei seinem Atomprogramm unter die Arme greifen. Bestätigt ist das nicht, zumal Moskau wenig Interesse an einem weiteren Land mit Atombomben haben dürfte.
Moskau seinerseits braucht eine alternative Exportroute, nachdem die Nato aus Angst vor der Schattenflotte die Ostsee zu einer No-Go-Area für russische Öltanker machen könnte. Mit dem Ausbau des Nord-Süd-Korridors von Russland an den Persischen Golf will Moskau Ostsee und Suezkanal umgehen und näher an die asiatischen und afrikanischen Zielmärkte rücken. Dafür nimmt der Kreml bis 2030 2,6 Milliarden Euro in die Hand.
Nord-Süd-Korridor wird ausgebaut
Der Iran soll für Russland aber auch ein wichtiger Absatzmarkt werden. Im vergangenen Jahr wurde dafür die russisch-iranische Handelskammer gegründet. Russen können in der Islamischen Republik mit dem Mir-System bezahlen. Moskau und Teheran arbeiten zudem daran, ihre Finanzgeschäfte außerhalb des Swift-Systems abzuwickeln.
Allmählich drängen auch immer mehr russische Unternehmen auf den iranischen Markt, wie der Autohersteller Awtowas, besser bekannt als Lada. Iranische Produzenten, vor allem aus dem Textilbereich, versuchten bereits 2022, die abgewanderten westlichen Ketten in Russland zu ersetzen. Der Erfolg war jedoch überschaubar.
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