Revision im Fall Lina E.

Bundesgerichtshof überprüft Urteil im Antifa-Ost-Verfahren

  • Thomas Meyer-Falk, Matthias Monroy
  • Lesedauer: 2 Min.
Ob die Verurteilung von Lina E. rechtens war, prüft nun der Bundesgerichtshof. Beweise oder Aussagen von Zeug*innen werden dabei nicht neu gewürdigt.
Ob die Verurteilung von Lina E. rechtens war, prüft nun der Bundesgerichtshof. Beweise oder Aussagen von Zeug*innen werden dabei nicht neu gewürdigt.

Vor fast zwei Jahren verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden vier junge Antifaschist*innen zu mehrjährigen Haftstrafen. Nach Auffassung des Staatsschutzsenats verübten sie von 2018 bis 2020 mehrere körperliche Angriffe auf Neonazis in Leipzig, Wurzen und Eisenach. Der Generalbundesanwalt (GBA) warf den Angeklagten vor, Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein, die gegründet worden sei, um Rechtsextremisten »planvoll anzugreifen«. Wegen des Vorwurfs, diese Vereinigung angeführt zu haben, sowie wegen gefährlicher Körperverletzungen soll Lina E. für fünf Jahre und drei Monate in Haft. Die Strafe muss sie antreten, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Dabei werden auch die über zwei Jahre in Untersuchungshaft angerechnet. Ihre Mitangeklagten wurden zu Gefängnisstrafen zwischen 29 und 39 Monaten verurteilt.

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Lina E. hat wie der GBA gegen das Urteil Revision eingelegt. Darüber verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe. Während sich E. gegen die Verurteilung als solche wendet, fechtet der oberste Ankläger den Teilfreispruch und die Strafhöhe an. Denn der Forderung, Lina E. zu acht Jahren Gefängnis zu verurteilen, war das OLG nicht nachgekommen. Am Ende des Prozesses mit 97 Verhandlungstagen hatte der Vorsitzende Richter den Angeklagten jedoch ein »achtenswertes Motiv« attestiert.

Die Revision im Fall Lina E. beim BGH erfolgt mündlich, dazu werden keine Zeug*innen gehört oder Beweise neu gewürdigt. E.s Verteidiger Erkan Zunbül sieht der Verhandlung zuversichtlich entgegen. Dass die oberste Strafverfolgungsbehörde an ihrer hohen Straferwartung festhält, hält er für nicht nachvollziehbar. Denn beispielsweise zu einem angeblich von der Gruppe in Leipzig-Connewitz angegriffenen Bauarbeiter sei die Beweisführung fehlerhaft erfolgt, mithin auch der Schuldspruch nichtig. »Die Verteidigung wird deshalb beantragen, dass das Urteil aufgehoben wird«, so Zunbül. Wann der BGH darüber entscheidet, ist offen, das Gericht kann sich dazu auch mehrere Wochen Zeit lassen.

Das als »Antifa-Ost« bezeichnete Verfahren vor dem OLG fand breite mediale und politische Resonanz. Nach der Verkündung des Urteils am 31. Mai 2023 kam es quer durchs Land zu Protesten, in Leipzig wurden 1300 Menschen von der Polizei über Nacht eingekesselt, darunter auch über 100 Minderjährige. Zum morgigen Prozesstermin in Karlsruhe hat die Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e.V. zu einer Kundgebung vor dem BGH aufgerufen.

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