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Fridays for Future: Alle sollen das Klima schützen dürfen
Fridays for Future fordert ein Recht auf klimafreundliche Wärme und Mobilität
Vereinzelt taumeln über dem Pariser Platz am Brandenburger Tor Schneeflocken zu Boden. In – für Berliner Verhältnisse – beachtlichen Mengen liegt der Schnee vom Vortag an den Rändern des Platzes, mehr grau als weiß. Eine Frau läuft durch das Gedränge, auf ihrem Rücken ein Schild: »Für eine Zukunft mit Schnee«. Es ist der vorletzte Freitag vor der Wahl und Fridays for Future hat zum Klimastreik aufgerufen. Und es ist Valentinstag. »Mein Valentinsdate ist das Klima« steht auf einem Plakat in Herzform. Es könnte auch darauf stehen: Mein Valentinsdate ist die Demokratiebewegung. Denn die wuchtige Protestwelle gegen CDU und AfD, die in den zurückliegenden Wochen über eine Million Menschen auf die Straße getragen hat, sollte auch Demonstrierende auf den Klimastreik spülen. Dafür wurde vorab eigens eine Kooperation zwischen Klima- und Demokratiebewegung angekündigt. Und so findet sich auch der Spruch »Das ist ja EkelhAfD« unter den Demoschildern, genau wie der Slogan »Demokraten aller Parteien, vereinigt euch!«. Mehr als 10 000 Personen sind gekommen, schreibt FFF, die Polizei spricht von rund 8000 Teilnehmenden.
Die Forderungen der Gruppe an die zukünftige Bundesregierung haben einen auffälligen Fokus auf soziale Gerechtigkeit. Es geht etwa um eine »Mobilitäts- und Wärmegarantie für alle«. Soll heißen: »Alle Grundbedürfnisse müssen bezahlbar klimaneutral erfüllt werden können«. Wie das genau bewerkstelligt werden soll, dazu schweigt die Klimagruppe.
Eine Mobilitätsgarantie ist eine unter Verbänden und Parteien weit verbreitete Idee, sie findet sich etwa in den Wahlprogrammen der Grünen und der Linkspartei. Vereinfacht ausgedrückt ist damit vor allem der flächendeckende Ausbau von öffentlichem Nahverkehr gemeint: Auch in Dörfern soll der Bus regelmäßig kommen – und bezahlbar sein. In Baden-Württemberg ist solch eine Mobilitätsgarantie bereits beschlossene Sache. Finanziert werden soll das unter anderem über einen »Mobilitätspass«, eine Abgabe, die entweder jede*r Erwachsene oder jede*r Autobesitzer*in zu leisten hat. Im Gegenzug gibt es Guthaben in gleicher Höhe für einen Fahrschein, oder ein vergünstigtes Deutschlandticket. Auch Ermäßigungen »nach sozialen Gegebenheiten« soll es laut Verkehrsministerium geben. Für den Verkehrsclub Deutschland (VCD) gehört neben der Bezahlbarkeit durch soziale Tarife auch die Barrierefreiheit aller öffentlichen Verkehrsmittel zu einer Mobilitätsgarantie.
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Es war wohl das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck, das den Klimaschutz für viele endgültig zu einem Projekt für die Wohlhabenden machte. 2024 fehlte laut einer Analyse der Rechercheplattform Correctiv bundesweit 5,2 Millionen Menschen das Geld zum Heizen – das ist jede*r Sechzehnte in Deutschland. Fast 30 000 Mal kappten Versorger Haushalten das Gas. »Das würde bei einer Wärmegarantie verboten oder verhindert«, erklärt Stefan Thomas, vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Diese Forderung findet sich auch im Wahlprogramm der Linkspartei wieder. Für FFF kommt neben der Bezahlbarkeit noch die Klimaneutralität hinzu. »Das bedeutet, dass die Wärmedämmung und Heizungsumstellung beschleunigt werden muss, ohne dass dabei die Gesamtkosten der Miete plus Wärme steigen«, so Thomas.
Der Physiker hat im vergangenen Jahr einen Plan vorgelegt, wie sich die Wärmewende sozialer gestalten ließe. Mit Beispielrechnungen zeigte sein Team: Dank der aktuellen Förderprogramme lohnen sich Investitionen vor allem für Wohneigentümer*innen und Vermietende. Das liegt vor allem an der Modernisierungsumlage, die es erlaubt, die Miete nach einer Erneuerung zu erhöhen. Würde man diese Umlage kürzen und gleichzeitig die staatliche Förderung für ein energetisches Upgrade in vermieteten Wohngebäuden ausbauen – dann könnten Mieter*innen und Vermieter*innen gleichermaßen profitieren, wie eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg zeigt. Durch die reduzierte Modernisierungsumlage stiege die Kaltmiete zwar weiterhin, dafür sparten Mieter*innen durch eine sanierte Wohnung oder eine neue Heizung an Heizkosten; und da die staatliche Förderung direkt beim Vermieter ankommt, bleibt auch der Anreiz zu Handeln bestehen.
Doch Thomas weiß: Für eine soziale Wärmewende sind nicht nur Finanzkniffe wichtig. Genauso braucht es zugängliche Beratungs- und Informationsangebote. Ein Vorbild: Der Stromspar-Check von Caritas. Dabei kommen »Stromsparhelfer*innen« in Haushalte von Bezieher*innen von Bürgergeld, Sozialhilfe oder Wohlgeld, führen eine kostenlose Beratung durch und tauschen einige Stromfresser gratis aus. Dabei sind die Helfer*innen selbst langzeitarbeitslose Menschen. Eine gute Idee, findet Thomas. Nur müsste das Angebot deutlich ausgeweitet werden. Denn bislang hätte nur etwa jeder siebzehnte »einkommensschwache« Haushalt solch eine Beratung erhalten.
Dass alle ihren Teil zum Kampf gegen die Klimakrise beitragen können, ist entscheidend. »Klimapolitik wird vermehrt als sozial ungerecht wahrgenommen«, sagt Ökonomin Sara Holzmann von der Bertelsmann-Stiftung dem »nd«. Für mehr gesellschaftliche Akzeptanz für ambitionierte Klimapolitik sei es wichtig, dass allen Mitgliedern der Gesellschaft machbare Wege zur Klimaneutralität geöffnet werden.
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