Protest in Berlin für gerechten Frieden in Nahost

Vor Bundeskanzleramt auch kleine Gegenkundgebung

Unter dem Motto »Gerechter Frieden in Palästina und Israel« fanden am Wochenende bundesweit Proteste der Friedensbewegung statt.
Unter dem Motto »Gerechter Frieden in Palästina und Israel« fanden am Wochenende bundesweit Proteste der Friedensbewegung statt.

Im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages der deutschen Friedensbewegung fand am Samstag auch in Berlin eine Kundgebung mit rund 700 Teilnehmer*innen vor dem Bundeskanzleramt statt. »Gegen Rechts und pro Palästina« stand auf einem Schild, das über der Versammlung prangte. »Liegt es nur am kalten Winterwetter, dass wir hier nicht einmal 1000 Menschen sind?«, fragte eine ältere Teilnehmerin. Schließlich hatten über 50 zivilgesellschaftliche Gruppen und Nichtregierungsorganisationen dazu aufgerufen und wochenlang mobilisiert.

Zu den Veranstaltern der bundesweiten Proteste unter dem Motto »Gerechter Frieden in Palästina und Israel« gehörten Organisationen wie Amnesty International, die Humanistische Union, Terre des Hommes, Care und Oxfam. »Im aktuellen Krieg sind seit dem 7. Oktober 2023 bereits über 45 000 Menschen in Gaza, über 800 im Westjordanland und über 1200 Menschen in Israel getötet worden. Viele Tausend Menschen sind in Israel willkürlich inhaftiert«, hieß es in dem Aufruf. Auf die aus Israel entführten Geiseln wurde darin ebenfalls Bezug genommen.

Die Organisationen fordern einen sofortigen, umfassenden Waffenstillstand zum Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza und die Freilassung unrechtmäßig inhaftierter Personen in Palästina und Israel, außerdem das Ende der illegalen Besatzung, des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus und der Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland. Zudem pocht das Bündnis auf die Unterstützung der internationalen Gerichtsbarkeit.

In Köln und Nürnberg gab es am Samstag weitere Kundgebungen im Rahmen des bundesweiten Aufrufs. Doch auch dort blieb die Zahl der Teilnehmer*innen überschaubar. Im Oktober 2024 konnte ein zivilgesellschaftliches Bündnis noch mehrere Tausend Menschen zu einer Kundgebung für einen sofortigen Waffenstillstand im Nahen Osten nach Berlin mobilisieren.

Derzeit schweigen die Waffen während Austauschs von Geiseln und Gefangenen im Nahen Osten, doch es ist unklar, ob es nicht bald wieder zu neuen Kämpfen kommt. In zahlreichen Redebeiträgen auf der Kundgebung vor dem Kanzleramt wurde diese Unsicherheit thematisiert. Sowohl die Redner*innen als auch die Parolen auf den Transparenten machten Israel für die Situation verantwortlich. Eine zentrale Forderung war daher, die Waffenexporte von Deutschland nach Israel zu stoppen. »Deutschland unterstützt die Auslöschung und Zerstörung des palästinensischen Volkes, wenn es weiter Waffen an Israel liefert«, sagte Michael Barenboim, Konzertmeister des West-Eastern Divan Orchestra und bekannt für seine Unterstützung der palästinensischen Sache.

Auch die Anerkennung des Rechts der Palästinenser auf Selbstbestimmung wurde von der Bundesregierung eingefordert. Der deutsch-israelische Schriftsteller Tomer Dotan-Dreyfus kritisierte in seiner Rede, es sei eine Lüge, dass Deutschland Israel aus Gründen der Staatsräson unterstütze. »Die Profitmaximierung ist die einzige deutsche Staatsräson«, erklärte er. Eine Vertreterin der Jugendselbstorganisation von Romnja und Nicht-Romnja, Amaro Foro, warb ebenfalls für Solidarität mit den Palästinenser*innen.

Mehrere Redner*innen palästinensischer Organisationen sprachen sich explizit für Verständigung aus, da dies der einzige Weg sei, friedlich in einem Land zu leben, in dem Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion zusammenkommen. Ihre Parolen richteten sich vor allem gegen Israel, das als Hauptverantwortlicher für Krieg und Vertreibung dargestellt wurde. Zudem wurde die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland kritisiert, wenn es um die Nahostfrage geht.

Als einzige Parteigliederung war Die Linke Neukölln mit einem Transparent auf der Demonstration vertreten. Die Studierendenorganisation SDS kombinierte auf ihrem Banner »Free Palestine« mit dem Satz »Stoppt den Genozid«.

Rund um die Kundgebung war viel Polizei präsent, Eingriffe gab es jedoch nicht. Einmal stellten sich Einsatzkräfte zwischen zwei Gruppen: In unmittelbarer Nähe zum Kundgebungsort hatte die Berliner und Brandenburger Sektion der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK) zu einer Gegenkundgebung unter dem Motto »Gegen jeden Antisemitismus – Solidarität statt Hass – Gegen Desinformation« aufgerufen – und dafür Kritik aus dem Bundesverband geerntet.

Rund 50 Menschen versammelten sich trotzdem mit Israel- und Antifa-Fahnen zum Gegenprotest. »Der Aufruf des Bündnisses für einen gerechten Frieden weist den palästinensischen und anderen arabischen Akteuren keinerlei Verantwortung für die verheerende Situation im Nahen Osten zu«, wurde von der DFG-VK-Ortsgruppe kritisiert.

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