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Linke nach der Wahl: 100 Tage Druck von Links
In den ersten hundert Tagen nach der Bundestagswahl will Die Linke im Parlament Mieten- und Preisdeckel auf die Agenda setzen
»Alle wollen regieren, wir wollen verändern« lautet das Wahlkampfmotto der Linkspartei. Zunächst klingt das wenig intuitiv. Zwar sieht es entgegen aller ursprünglichen Erwartungen zurzeit so aus, als würde es die Linke in den Bundestag schaffen – in verschiedenen Umfragen steht die Partei inzwischen bei sechs oder sogar sieben Prozent. Aber kann die Linkspartei als kleinste Oppositionspartei wirklich etwas verändern?
Wie das gelingen soll haben Heidi Reichinnek, Spitzenkandidatin und neuer Star der Linkspartei, und Ines Schwerdtner, Ko-Vorsitzende, am Montag vorgestellt. Mit einem 100-Tage-Plan will Die Linke in- und außerhalb des Parlaments Druck für einen Wandel in der Mieten-, Preis- und Steuerpolitik aufbauen.
In Sachen Mieten will sie etwa Mieterinitiativen, Sozialeinrichtungen und Mietverbände zu einem Gipfel einladen, um gemeinsam einen Plan für einen bundesweiten Mietendeckel zu erarbeiten. Zudem sollen Anträge zum Einfrieren der Mieten und zum Mietendeckel eingebracht werden.
Gegen »Wuchermieten« soll ein Gesetzentwurf erarbeitet werden. »Mit diesem Gesetz wollen wir dem Mietwucher endlich den Kampf ansagen und den Mietmarkt gerechter machen«, heißt es im 100-Tage-Plan. Entsprechende Forderungen hätten SPD und Grüne auch im Wahlkampf gemacht, so Reichinnek, jetzt könne man zeigen, wie ernst man diese gemeint habe. Dass Anträge oder Gesetzesentwürfe der Linken durch das Parlament kommen, ist allerdings äußerst unwahrscheinlich.
Ausbauen will die Partei auch ihr »Mietwucher-App« genanntes Online-Portal, in dem Mieterinnen und Mieter ihre Miete überprüfen können. Bislang geht dies nur für acht Städte, künftig sollen es mehr sein.
Neben dem Thema Mieten will sich die Partei im Falle eines Wiedereinzugs in den Bundestag in den ersten 100 Tagen auch für niedrigere Lebensmittelpreise, höhere Steuern für Vermögende und mehr Kita-Plätze einsetzen. So sollen Anträge zur Vermögenssteuer und zur Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel in das Parlament eingebracht werden. Die stetig steigenden Lebensmittelpreise brächten »viele Haushalte an den Rand ihrer finanziellen Belastbarkeit«, heißt es dazu im beschlossenen Papier.
Geplant sind zudem eine »Expert*innen-Konferenz zur Vermögenssteuer« und ein Kita-Gipfel. Bei letzterem soll es um Lösungen gegen den Mangel an Fachkräften und Kita-Plätzen gehen.
Auch außerhalb des Parlaments will sich Die Linke in den genannten Bereichen einsetzen. »Parlament und Gesellschaft sind untrennbar verbunden – und unser Einsatz endet nicht mit der Wahl«, heißt es in dem Papier. Deshalb will die Partei in den ersten 100 Tagen ihr Angebot an Sozialsprechstunden und Mietberatungen ausbauen und insbesondere in armen Wohngegenden weiter Haustürgespräche und Bürgerversammlungen organisieren. »Wir gehen dorthin, wo das Leben herausfordert, wo jeder Cent zählt, wo Menschen Monat für Monat bangen, ob das Geld reicht«, heißt es in dem Linke-Papier.
Die Strategie mit den Haustürgesprächen scheint bisher für die Linkspartei gut aufgegangen zu sein. An 550 000 Haustüren haben die Wahlkämpfer*innen geklingelt – ein Rekord, wie Ines Schwerdtner bei der Pressekonferenz betonte. Auch dieser Erfolg dürfte neben dem Tiktok-Boom um Heidi Reichinnek und Gregor Gysi dafür verantwortlich sein, dass Die Linke ihre Umfragewerte in wenigen Wochen verdoppeln konnte.
Künfig will die Partei jedes Jahr 100 000 Haustürgespräche führen – »das ist unser Versprechen«. Ob sie dieses wirklich halten kann, wird auch maßgeblich davon abhängen, ob die vielen Neumitglieder, die sich in den vergangenen Wochen der Partei angeschlossen haben und vor der Wahl beim Wahlkampf mithelfen, aktiv bleiben.
Zurzeit steht Die Linke vor der luxuriösen Herausforderung, tausende neue, oftmals junge und parteiunerfahrene Menschen zu integrieren und zu halten. Seit Jahresbeginn sind knapp 23 000 Neumitglieder eingetreten. Die Gesamtzahl liegt demnach bei rund 81 200 Mitgliedern – laut der Linken so viele wie nie seit ihrer Gründung 2007.
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