Arktiseis schrumpft mitten im Winter

Temperatur rund um den Nordpol stieg viermal so stark wie im globalen Durchschnitt

Auch für Eisbären ist der Rückzug des Meereises eine ganz schlechte Nachricht.
Auch für Eisbären ist der Rückzug des Meereises eine ganz schlechte Nachricht.

Wegen ungewöhnlich warmer Temperaturen im ganz hohen Norden ist die Meereisfläche in der Arktis so klein wie noch nie seit Aufzeichnungsbeginn zu diesem Zeitpunkt im Jahr. Dies geht aus Satellitendaten hervor, die von NDR Data ausgewertet wurden. Am Dienstag betrug die Fläche des Arktiseises demnach 12,5 Millionen Quadratkilometer, 10,4 Prozent weniger als im Durchschnitt des Zeitraums 1981 bis 2010.

Die Ursache war Anfang Februar ein erneuter »markanter Wärmeeinschub« in die Region nördlich von 80 Grad Nord, wie es beim Deutschen Wetterdienst (DWD) heißt. Die Temperaturen, die im Tagesmittel bei etwa -30 Grad liegen müssten, kletterten über -10 Grad. Aktuell ist es wieder etwa zehn Grad kälter, aber immer noch deutlich zu mild. Die hohe Lufttemperatur, das bereits zu warme Meer und starke Winde, die das Eis aufbrechen, haben eine weitere Anomalie zur Folge: »Ausgehend von einer bereits verhältnismäßig geringen Ausdehnung kam es zu einem zu dieser Jahreszeit untypischen Schrumpfen der Eisfläche«, wie der DWD mitteilt. Normalerweise nimmt die Fläche bis zum Ende des Winters Mitte März stetig zu.

Die gefrorenen Ozeane der Welt, die wie ein riesiger Spiegel einen Großteil der Sonnenenergie zurück ins All reflektieren, helfen, den Planeten kühl zu halten. Wenn diese helle Schicht schrumpft, absorbiert der dunkle Ozean darunter mehr Wärme, was den Planeten weiter erwärmt. Die Arktis heizt sich besonders stark auf: Dort ist die Temperatur in den vergangenen Jahrzehnten vier Mal so stark gestiegen wie der weltweite Durchschnitt, erläutert der Polarforscher Dirk Notz von der Uni Hamburg.

Meteorologen erwarten für 2025 einen neuen Negativrekord der maximalen winterlichen Eisausdehnung in der Arktis. Und dies wird sich absehbar fortsetzen: Wenn sich die Erde um 2,7 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau erwärmen wird, worauf die bisherigen nationalen Klimapläne hindeuten, »wird sich die Arktis bis zur Unkenntlichkeit verändern«, wie es in einer kürzlich im Fachblatt »Science« veröffentlichen Studie eines Teams um Julienne C. Stroeve von der University of Manitoba (Kanada) heißt. Der Arktische Ozean wäre im Sommer mehrere Monate lang im Wesentlichen eisfrei, und die Fläche des Permafrosts wäre nur noch etwa halb so groß wie in der vorindustriellen Zeit. Die absehbaren Störungen des Ökosystems und Schäden an der Infrastruktur könnten »durch verstärkte Anstrengungen zur Begrenzung der globalen Erwärmung erheblich verringert werden«.

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