Berlin: Partizipationsbeirat fordert Schutz für zwei Denkmäler

Ablaufdatum für Denkmäler? Partizipationsbeirat ruft zum Schutz der Friedensstatur und Sinti und Roma Denkmal auf

  • Leonie Hertig
  • Lesedauer: 4 Min.
Sitzt seit 2020 auf dem Unionsplatz in Moabit und soll weichen: »Ari« erinnert an versklavte Prostituierte im Zweiten Weltkrieg.
Sitzt seit 2020 auf dem Unionsplatz in Moabit und soll weichen: »Ari« erinnert an versklavte Prostituierte im Zweiten Weltkrieg.

Sollen Denkmäler für die Ewigkeit sein? Sowohl das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma als auch das Trostfrauen-Denkmal sind immer wieder davon bedroht, zerstört oder entfernt zu werden. Der Landesbeirat für Partizipation veröffentlichte einen Entschluss, beide zu erhalten. Er fordert die Senatsverwaltung auf, mit dem Landesdenkmalamt und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zusammenzuarbeiten, um den Schutz der beiden Denkmäler zu gewährleisten.

Zum Erhalt des Trostfrauen-Denkmals »Ari« läuft derzeit eine Klage am Verwaltungsgericht gegen die vom Bezirksamt Mitte geplante Entfernung der Friedensstatue. Laut einer Stellungnahme des Anwalts des Korea-Verbands gibt es argumentative Lücken in der Begründung des Bezirksamts, warum die Statue abgebaut werden sollte.

So stütze der Bezirk seine Argumente darauf, dass »Ari« als Kunstwerk im öffentlichen Raum eigentlich nur für einen Zeitraum von zwei Jahren hätte genehmigt werden dürfen. Für einen dauerhaften Verbleib hätte die Statue ein Wettbewerbsverfahren durchlaufen müssen. Daher wurde sie nur bis zum Herbst 2024 geduldet. Die Regel, auf die sich der Senat bezieht, wurde jedoch erst veröffentlicht, nachdem der Verband einen Antrag zum dauerhaften Erhalt der Statue gestellt hatte, teilt der Anwalt mit. Das Dokument über jene Regel habe zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht existiert, es sei sogar rückdatiert worden. Der Anwalt konnte nachweisen, das die auf den 11. März 2022 datierte PDF-Datei erst am 3. Januar 2023 erstellt worden war, acht Monate, nachdem der Antrag gestellt worden war.

Zum Beschluss des Landesbeirat aus dem November 2024 äußerte sich das Landesdenkmalamt gegenüber »nd«, dass dieser noch nicht vorliege. Ein Sprecher des Bezirksamts Mitte verwies darauf, dass die im Beschluss zur Umsetzung aufgeforderte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sich in dieser Angelegenheit bislang nicht an den Bezirk gewandt hätte. Die Daueraufstellung der Friedensstatue sei nicht möglich, da dafür ein Wettbewerbsverfahren für das Kunstwerk zwingend notwendig sei. Doch es existieren zahlreiche Kunstwerke im öffentlichen Raum, die kein Wettbewerbsverfahren durchlaufen haben. Das sind im Bezirk Mitte unter anderem seit 2012 das Memoria Urbania, seit 2016 das Denkmal für den Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld und seit 2021 der Lastenbär.

Alexander Schelf, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg, sagte »nd«, dass sein Verband für das Hirschfeld-Denkmal einen Vertrag mit dem Straßen- und Grünflächenamt über zehn Jahre abgeschlossen habe. Dieser sei vom Bezirksamt nicht bezüglich der Zwei-Jahres-Regel kontaktiert worden. Schelf sagte, für seinen Verband sei es wichtig, dass Denkmäler erhalten bleiben, »besonders in den jetzigen politischen Zeiten«.

Constanze Kleiner, Geschäftsführerin der Galerie »Kleinervonwiese«, erklärte »nd«, dass die Verlängerung der Aufstellzeit des Lastenbären im April auslaufe, darum habe sie die Bezirksbürgermeisterin von Mitte, Stefanie Remlinger (Grüne), kontaktiert. Doch trotz einer positiven Zusammenarbeit in der Vergangenheit lief sie auf Grund: Den mehrfachen Bitten um ein persönliches Gespräch wurde nicht nachgekommen. Laut Kleiner wurde ihr vom Bezirksamt mitgeteilt, dass die Zwei-Jahres-Regel es unmöglich mache, den Aufenthalt des Bären langfristig zu ermöglichen.

Das andere Denkmal, dessen Erhalt das Landesamt für Partizipation fordert, ist das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Derzeit sind die Bäume, die Teil des Denkmals sind, durch den Bau einer neuen S-Bahn-Linie bedroht. Das Mahnmal soll einen Raum für Besinnung und Trauer bieten. Von den Nazis Ermordete haben oft keine Gräber, die Hinterbliebene aufsuchen könnten. Der 2021 verstorbene israelische Künstler Dani Karavan, der das Denkmal entworfen hatte, erklärte, dass jede Veränderung die Abgeschiedenheit des Denkmals und dessen Funktion als Ort der Kontemplation und Meditation zerstören würde. Besonders verletzend ist laut dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg, dass die Zerstörung durch die Deutsche Bahn (DB) passiert, die Nachfolgerin der Reichsbahn, die die Opfer des Nationalsozialismus in die Konzentrations- und Vernichtungslager transportiert hat.

Die DB verwies auf Nachfrage zu den Vorwürfen auf ein existierendes Pressestatement: »Unsere Verantwortung als Deutsche Bahn AG sehen wir darin, dem Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas während der Bauphase den größtmöglichen Schutz zukommen zu lassen«. Wie das konkret aussehen werde, wollte der Pressesprecher nicht erörtern.

Ein Sprecher der Kulturstaatsministerin Claudia Roth teilte »nd« mit, sie habe sich mit ihrem Haus seit Beginn der Planungen der S-Bahn-Strecke für die Wahrung der erinnerungskulturellen Interessen und die Integrität des Denkmals eingesetzt, insbesondere auch gegenüber dem Land Berlin. Zuletzt habe ihr Haus im Rahmen der Planungsverfahren ihre Bedenken gegen das Bauvorhaben zum Ausdruck gebracht und eine belastbare Prüfung der Auswirkungen auf das Denkmal gefordert.

Sowohl für den Erhalt der Friedensstatue »Ari« als auch des Lastenbären werden derzeit Unterschriften gesammelt.

»Besonders in den jetzigen politischen Zeiten sollten Denkmäler erhalten bleiben.«

Alexander Schelf Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.