Was wir bisher über den Mannheim-Täter wissen

Der 40-jährige Rheinland-Pfälzer war der Polizei bekannt – auch wegen eines rechten Hate-Speech-Delikts

In Mannheim raste ein Autofahrer wohl mit Absicht in eine Menschengruppe. Eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann wurden getötet.
In Mannheim raste ein Autofahrer wohl mit Absicht in eine Menschengruppe. Eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann wurden getötet.

Am Tag nach dem Attentat von Mannheim bleiben Schock und Trauer – und die Frage: Wer ist der Mann, der am Montag in Mannheim mit einem Auto in eine Menschenmenge raste und dabei zwei Menschen tötete? Was bisher bekannt ist und wie die Politik reagiert.

Nach Informationen der Staatsanwaltschaft wohnte der 40-Jährige Deutsche im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen direkt bei Mannheim und war von Beruf Landschaftsgärtner. Ob er aktuell arbeitete, ist noch unbekannt. Alexander S. lebte alleine, hatte keine Kinder und keine Partnerin oder Partner.

Dafür, dass es ein politisches Motiv für die Tat geben könnte, habe man keine Anzeichen gefunden, sagte Romeo Schüssler, leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mannheim bei einer Pressekonferenz am Montagabend. Vielmehr gebe es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Mannes, weshalb sich die Ermittler auf diesen Aspekt konzentrierten. Der Mann habe eine Social-Media-Präsenz auf verschiedenen Kanälen, die jetzt gesichert würde, so Schüssler.

Doch warum sieht man keine Hinweise auf ein politisches Motiv? Die »Welt« berichtete am Montag mit Verweis auf Sicherheitskreise, dass Alexander S. einmal wegen des Zeigens verfassungswidriger Symbole aus dem Bereich des Rechtsextremismus aufgefallen sei. Darauf angesprochen, sagte der Staatsanwalt, der Täter habe mehrere Vorstrafen, auch wegen Körperverletzung, die aber lange Jahre zurücklägen.

Der letzte Fall sei 2018 gewesen. Da sei er wegen »Hatespeech« auf Facebook zu einer Geldstrafe verurteilt worden, die er auch bezahlt habe. Es sei um einen Kommentar zu einem Bild aus dem rechtsextremen Bereich gegangen, sagte der Staatsanwalt. Man könne derzeit aber nicht beurteilen, ob da »eine Gesinnung oder Dummheit« dahinterstecke.

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Im August vergangenen Jahres ließ sich Alexander S. nach Informationen der »Welt« zudem selbst in ein Krankenhaus einweisen. Dabei soll er angegeben haben, dass er einen Benzinkanister über sich ausschütten wollte, um sich selbst anzuzünden. Außerdem soll der Tatverdächtige auf dem russischem Netzwerk VK Bilder eingestellt haben, auf denen er sich vor einem Panzer oder mit einem Sportgewehr inszeniert. Der »Spiegel« zeigt die Bilder in einem Video.

Bis in die späten Abendstunden wurde am Montag die Wohnung des Festgenommenen in Ludwigshafen durchsucht. Nach Informationen der dpa wurden einige Gegenstände sichergestellt, die erst noch ausgewertet werden sollen.

Auch ein im Auto des Todesfahrers entdeckter Zettel beschäftigt die Polizei. Darauf sind Skizzen und Notizen zu erkennen, es sind kurze Schlagworte und mathematische Rechnungen zu Geschwindigkeit und Fahrtweg, mit Bleistift notiert, auch die Wörter »Anhalteweg« sowie »links« und »rechts« sind zu lesen. Damit dürfte klar sein, dass die Tat geplant und vorbereitet war.

Bei seiner Festnahme soll sich S. mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben und war zunächst in ein Krankenhaus gekommen. Inzwischen befindet er sich in Polizeigewahrsam. »Wir werden ihn heute vernehmen«, erklärte Andreas Stenger, der Leiter des Landeskriminalamts am Dienstagmorgen.

Und wie reagiert die Politik? CDU-Chef Friedrich Merz hat nach dem tödlichen Vorfall in Mannheim auf X aufgerufen, man müsse »alles tun, um solche Taten zu verhindern«. Er fügte hinzu: »Deutschland muss wieder ein sicheres Land werden. Dafür werden wir mit aller Entschlossenheit arbeiten.« »Erneut Mannheim, es tut mir wahnsinnig leid«, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) während eines Pressestatements am Montagabend in Mannheim. »Es ist eine unvorstellbar schreckliche Tat«, so die SPD-Politikerin.

Anders als nach Attentaten der vergangenen Wochen, die durch nichtdeutsche Täter verübt wurden, haben bisher weder Faeser noch Merz konkrete Maßnahmen zur Prävention solcher Taten gefordert. Nach der Gewalttat von Aschaffenburg Ende Januar hatte Merz ein Papier vorgelegt, das unter anderem die dauerhafte Kontrolle der deutschen Außengrenzen vorsieht – obwohl aus verschiednenen Studien hervorgeht, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Migration und der Kriminalitätsrate an einem Ort besteht.

»Man kann nicht beurteilen, ob da eine Gesinnung oder Dummheit dahintersteckt.«

Romeo Schüssler leitender Staatsanwalt

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