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Trumps USA: Eierlose in der Eierkrise
Sheila Mysorekar hat sich die Eierkrise in den USA angeschaut - und kommt zu erstaunlichen Erkenntnissen
In den Medien haben wir gerade das Gegenteil der Saure-Gurken-Zeit – es gibt so viele Eilmeldungen, dass man überhaupt nicht mehr hinterherkommt. Ein gigantisches Aufrüstungspaket passiert den Bundestag, dazu 100 Milliarden Euro für Klimaschutz-Maßnahmen in Deutschland und gefühlt alle zwei Stunden eine neue Hiobsbotschaft aus den USA: Abbau der Krankenversicherung, Massenentlassungen von Beamt*innen, Kriminalisierung von Presse und Protesten – ich sag ja, man kommt überhaupt nicht mehr hinterher.
Währenddessen geht das Leben im Rest der Welt weiter. In Argentinien gibt es große Demonstrationen von Rentner*innen gegen Präsident Javier Milei. Natürlich scheut sich der Lieblingspolitiker aller Neoliberalen nicht davor, die Polizei mit Schlagstöcken und Gasgeschossen gegen Omas und Opas loszuschicken. Somalia und Sudan sind verblüfft ob des US-amerikanischen Vorschlags, dass sie trotz Bürgerkrieg alle noch lebenden Palästinenser*innen aufnehmen sollen (wahrscheinlich, weil sie Donald Trumps Definition von »Shithole«-Ländern entsprechen).
Was im globalen Süden etwas belächelt wird, ist die entsetzte Reaktion Westeuropas über die herablassende Behandlung, die der ukrainische Präsident Selenskyj im Weißen Haus über sich ergehen lassen musste sowie die erpresserische Attitude von Präsident Trump, um an die Bodenschätze der Ukraine heranzukommen. Von Lateinamerika über Afrika bis zu Asien hieß es einstimmig: »So werden wir immer von den USA behandelt!«.
Trotz alldem haben viele Demokraten im US-Kongress offensichtlich nicht den Mut, Donald Trump Paroli zu bieten. Ganz schwerer Fall von Eierlosigkeit. Apropos Eier: Die spielten schon im US-Wahlkampf eine große Rolle. Trump versprach damals, den Preis von Eiern zu senken, sollte er die Wahl gewinnen. Inzwischen sind sie dort noch teurer geworden, so dass die US-Regierung eine Anfrage an europäische Länder geschickt hat, ob sie bitte Eier schicken könnten. Über die kanadische Grenze werden momentan mehr Eier geschmuggelt als Fentanyl. Ernsthaft? Eier??
Sheila Mysorekar ist Vorsitzende der Neuen Deutschen Organisationen, einem Netzwerk postmigrantischer Organisationen. Für »nd« schreibt sie die monatliche Kolumne »Schwarz auf Weiß«. Darin übt sie Medienkritik zu aktuellen Debatten in einer Einwanderungsgesellschaft.
Man muss in andere Rubriken als ›Eilmeldungen‹ gucken, um den Grund dafür zu finden: In den USA verbreitet sich seit geraumer Zeit die Vogelgrippe, weswegen massenhaft Hühner geschlachtet werden mussten, daher gibt es weniger Eier auf dem Markt. Das Vogelgrippe-Virus gehören jedoch zu jenem Typ Viren, die leicht auf Säugetiere und damit auch auf den Menschen überspringen können. Es hat bereits einige Fälle von infizierten Menschen gegeben. Nun sind jedoch viele Labore der finanziellen Kettensäge Elon Musks zum Opfer gefallen; ich hoffe sehr, dass noch ein paar fähige Virolog*innen in den USA übrig sind.
Gleichzeitig meint US-Gesundheitsminister Robert Kennedy Jr., richtige Männer mit Eiern in der Hose bräuchten keine Impfungen. Leider empfiehlt er dies auch für Kinder, weswegen in Texas bereits einige ungeimpfte Kinder an Masern gestorben sind. Wenn das so weiter geht, haben wir in einem Jahr Pest und Cholera am Hals – und das meine ich wörtlich.
Um so erfreulicher, dass es in ganz verschiedenen Ländern Leute gibt, die Eier bzw. Eierstöcke haben, um sich gegen die scheinbar übermächtige Welle von Rechtspopulismus, Dummheit und offenem Faschismus zu stellen.
Philippinische Menschenrechtsorganisationen und mutige Journalistinnen – allen voran Maria Ressa und Patricia Evangelista – haben dafür gesorgt, dass der frühere Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, sich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten muss. Aufgepasst, Autokraten weltweit: Irgendwann seid ihr alle dran! Als nächstes möglicherweise in Serbien und Ungarn – dort gibt es momentan Massendemonstrationen.
Und nicht zu vergessen, der Endgegner der CDU: Die Omas gegen Rechts! Das sind diese ganz Knallharten mit Eierstöcken aus Kruppstahl. Die organisieren nicht nur Demos gegen Faschisten und potenzielle Steigbügelhalter von Faschisten – bestimmt basteln sie auch kleine Friedrich-Merz-Puppen und stechen da mit ihren Stricknadeln rein. Man weiß ja nie.
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