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A100 in Berlin: Stau, Stau, Stau auf der Autobahn
Linksfraktion will Anwohnerschutz, nachdem Autobahnbrücke über die Ringbahngleise am Funkturm bis auf Weiteres gesperrt wurde
»So schnell, wie es nur irgend möglich ist« – diese Worte fielen oft bei der Pressekonferenz in der Autobahn-GmbH-Niederlassung Nordost. Die A100 habe »allerhöchste Priorität«, sagt deren Sprecher Ralph Brodel. Nach der Entscheidung vom Mittwochabend, die Brücke, die den Autobahnverkehr in Richtung Norden über die Ringbahngleise führt, aus Sicherheitsgründen umgehend komplett zu sperren, arbeite man jetzt auf Hochtouren an möglichen Umleitungen. Schritt eins: die Einrichtung einer Fahrbahn in Richtung Norden auf der Gegenfahrbahn der A100.
»Wir richten jetzt gerade die Mittelstreifen-Überführungen ein«, sagt Matthias Seidel, Geschäftsbereichsleiter für den Bereich Brücken bei der Autobahn GmbH. Seit bereits vor zwei Wochen festgestellt wurde, dass sich ein Riss in der Ringbahnbrücke bedrohlich vergrößert hat, steht eine Komplettsperrung der Brücke im Raum.
Spätestens Anfang nächster Woche soll es laut Seidel dann wieder möglich sein, das Funkturm-Dreieck auf der A100 in Richtung Norden zu passieren – wenn auch nur auf einer Fahrbahn, während in der Gegenrichtung voraussichtlich zwei Fahrbahnen zur Verfügung stehen werden. »Es ist uns wichtig, den Verkehr auf der Autobahn zu halten. Dennoch sind natürlich massive Staus nicht zu vermeiden«, sagt Ralph Brodel.
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Weitere Umleitungsmöglichkeiten würden ebenfalls geprüft, von einer hohen Belastung der umliegenden Straßen sei auszugehen, so Brodel. »Wir empfehlen allen, den Bereich Funkturm großflächig zu umfahren und auch auf den ÖPNV auszuweichen.« Wie lange es dauere, bis der Ersatzneubau für die Brücke zur Verfügung stehe, könne man noch nicht abschätzen – vielleicht länger, vielleicht auch kürzer als die am Mittwochabend von der Autobahn GmbH angegebenen zwei Jahre. Der Ersatzneubau befinde sich schon länger in der Planung, weil sich der Zustand der Brücken und Autobahnen am gesamten Dreieck Funkturm »dem Lebensende entgegenneige«, sagt Matthias Seidel. Der Riss und die Vollsperrung an der Ringbahnbrücke seien aber dem Zeitplan zuvorgekommen.
Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf brodelt es derweil gewaltig. Durch die Sperrung seien die Anwohner*innen der Kieze in der Nähe des Funkturms seit Mittwochabend einem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen ausgesetzt, schildert Frederike-Sophie Gronde-Brunner »nd« die Lage vor Ort. Gronde-Brunner ist verkehrspolitische Sprecherin der bezirklichen Linksfraktion. »Es muss sofort eine Einwohner*innenversammlung einberufen werden«, sagt sie. Denn die Anwohner*innen müssten vom Senat schnellstens informiert und in die Planungen einbezogen werden. »Der Senat muss nachfragen, was die Menschen vor Ort jetzt brauchen.«
»Uns droht ein kompletter Verkehrskollaps in den Kiezen.«
Frederike-Sophie Gronde-Brunner
Linksfraktion Charlottenburg-Wilmersdorf
Die Linksfraktion will sich in der Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstagabend einem Dringlichkeitsantrag der FDP anschließen. Diese fordert in dem Antrag – der »nd« vorliegt – ein umfassendes Umleitungskonzept, die Einrichtung temporärer Einbahnstraßen und den Schutz der Wohngebiete. »Dem können wir zustimmen, aber unsere Forderungen gehen darüber hinaus«, sagt Gronde-Brunner. So fordert die Charlottenburg-Wilmersdorfer Linksfraktion zusätzlich, dass die Parkstreifen der Hauptverkehrsstraßen frei gemacht und für den Busverkehr freigegeben werden. Denn ohne eigene Spur kämen die Busse sonst nicht voran. »Wenn die Busse auf einer eigenen Spur fahren können, erhöht das auch die Motivation, auf den ÖPNV umzusteigen.«
Die Linke-Politikerin befürchtet außerdem, das beim Neubau der Ringbahnbrücke auch der S-Bahn-Verkehr unterbrochen werden muss. »Wenn die Brücke abgerissen wird, dann kann keine Bahn derweil darunter durchfahren.« Deshalb brauche es schnelle Absprachen mit der Bahn. »Uns droht ein kompletter Verkehrskollaps in den Kiezen.«
Die Autobahn GmbH kann bislang noch nichts zu den Auswirkungen des Brückenneubaus auf den S-Bahn-Verkehr sagen, denn der Neubau liege in der Verantwortung, des Unternehmens Deges. Dieses habe sich aber schon mit der Deutschen Bahn abgestimmt, sagt Matthias Seidel von der Autobahn GmbH.
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