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Katholische Kirche: Der Fisch stinkt vom Kopf

Jana Frielinghaus über die Anzeigen gegen sechs Kurienkardinäle

Wollen die Macht in der Römisch-Katholischen Kirche fest in den Händen behalten: die Kardinäle in Vatikanstadt, die einen aus ihrer Mitte demnächst zum Nachfolger neuen Papst wählen.
Wollen die Macht in der Römisch-Katholischen Kirche fest in den Händen behalten: die Kardinäle in Vatikanstadt, die einen aus ihrer Mitte demnächst zum Nachfolger neuen Papst wählen.

Dass auch Anwärter auf die Nachfolge des schwerkranken Papst Franziskus mutmaßlich Fälle von durch Geistliche an Kindern und Jugendlichen verübter sexualisierter Gewalt vertuscht und durch Schutz der Täter weiter ermöglicht haben, überrascht nicht sonderlich. Schließlich war es das engste Umfeld des Pontifex, das dessen teils durchaus ernsthafte Bemühungen um Aufarbeitung der weltweit von katholischen Geistlichen an den Verletzlichsten in ihren Gemeinden begangenen Verbrechen torpedierte.

Das internationale Survivors Network of those Abused by Priests (Netzwerk Überlebender des Missbrauchs durch Priester, Snap) hat nun im Vatikan Anzeige gegen sechs Kardinäle eingereicht, die alle als »papabile« (»papstfähig«) gelten. Die Beschwerdeführer werfen ihnen Vertuschung von Sexualverbrechen und deren unzureichende Verfolgung vor. All das ist nach einem Erlass von Franziskus, der vor zwei Jahren in Kraft trat, nach katholischem Kirchenrecht strafbar. Damals erklärte der Papst, hier müsse das Prinzip der Null-Toleranz gelten.

Snap hat nach eigenen Angaben Beweise für Vergehen der sechs Mitglieder der Römischen Kurie, also der Quasi-Regierung des Vatikan, zusammengetragen. Die Verwaltung des Kirchenstaats hat bisher nicht darauf reagiert. Mit einer ernsthaften Untersuchung der Vorwürfe ist wohl nicht zu rechnen, wenn die beim nächsten Conklave zur Wahl Stehenden Dreck am Stecken haben. Auch Franziskus selbst hat in den vergangenen Jahren zunehmend die Verantwortung seiner Institution relativiert. Das Papier, auf dem sein Erlass von 2023 steht, wird sich als geduldig erweisen.

Der einzige Unterschied zu früheren Jahrzehnten: Opfern wird wenigstens geglaubt und zugehört, sie erhalten »Anerkennungsleistungen«, wobei man Schuldeingeständnisse sorgfältig vermeidet. Vielmehr setzen die Bistümer zum Beispiel in Deutschland in Zivilprozessen auf juristische Kunstgriffe, die hohe Zahlungen an Überlebende und damit wirtschaftlichen Schaden für die Kirche abwenden. Dazu zählen die »Einrede der Verjährung« und die Darstellung, die Geistlichen hätten ihre Taten im »privaten Bereich« verübt, für den die Kirche nicht verantwortlich sei.

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